Thüringer Allgemeine vom 04.04.2009

Besetzer müssen Gelände räumen


Die Erfurter Hausbesetzer müssen das Gelände an der Rudolstädter Straße 1 freigeben. Das hat das Landgericht Erfurt gestern entschieden.
Von Malte WICKING

ERFURT. Es ist ein kurzer Termin, am Freitagmorgen im Landgericht. Um neun Uhr betreten die neue Vorsitzende Richterin Brigitta Harnisch und ihre Kollegen den Gerichtssaal und teilen mit: In einer Stunde kommt die Entscheidung.
Sie kommt, pünktlich, und sorgt für fassungslose Gesichter bei einigen Sympathisanten der Besetzer, die als Gäste mit im Saal sind: 19 der 22 Beklagten werden verurteilt, das besetzte Gelände an der Rudolstädter Straße freizugeben. Die Prozesskosten tragen sie zu 80 Prozent, 20 Prozent zahlt der Kläger, der Mühlhäuser Bauunternehmer Helmut Golla.
Bei der Verkündung sind Golla und sein Anwalt nicht mehr anwesend, auch für eine Stellungnahme waren sie gestern nicht zu erreichen. Die Anwältin der Beklagten, Kristin Pietrzyk, sagte aber, Golla habe bereits weitere Gespräche mit den Besetzern angeboten. Er sei sehr um Klärung bemüht. Das Urteil kritisierte die Anwältin aber als rechtlich bedenklich. Alle Verurteilten hätten angemeldete Wohnsitze - und die Gegenseite keine Beweise, dass es sich wirklich um Mitglieder der Besetzergruppe handele. So sei ein Mann aus Leipzig verurteilt worden, der beim Brand des besetzten Geländes vor Ort war und die Feuerwehr alarmiert hatte. "Es kann nicht sein, dass man wegen eines Notrufes plötzlich Beklagter ist und Verfahrenskosten tragen muss", so Pietrzyk. Gerichtssprecherin Barbara Bailly widersprach dieser Darstellung: Der Kläger habe mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit dargelegt, dass es sich bei den Beklagten um Besetzer handele.

Mit der Entscheidung kann der Eigentümer das Gelände per Zwangsvollstreckung räumen lassen. Damit wird indes nicht vor Anfang nächster Woche gerechnet.
Die Besetzer kündigten bereits Widerstand gegen eine Räumung der Gebäude an und riefen zu Solidaritätsaktionen auf. "Wenn es eine angemessene Alternative gäbe, würden wir die aber annehmen", sagte ein Sprecher der Hausbesetzer. Und fügte hinzu: "Das Festival zum achten Jahr Besetzung findet Mitte April wie geplant statt."