Thüringische Landeszeitung vom 18.04.2009

Nur noch Schutt und Müll übrig


Einsatz als überzogen kritisiert Topf & Söhne fast komplett abgerissen Polizei bleibt präsent

Erfurt. (tlz/fk) Besondere Präsenz zeigte die Polizei auch gestern, einen Tag nach der Räumung des Topf & Söhne-Geländes, in der Innenstadt. Mit dieser Präsenz sei auch am Wochenende zu rechnen, sagte Polizeisprecher Manfred Etzel der TLZ.
Auf dem Gelände selbst ist der Abriss so gut wie abgeschlossen. Nur das Verwaltungsgebäude, das als Erinnerungsort erhalten bleiben soll und an die unrühmliche Geschichte der Krematorienbauer erinnern wird, haben die Abrissbagger übrig gelassen. Berge von Schutt und Müll häufen sich dort, wo am Donnerstag die achtjährige Geschichte einer Hausbesetzung unter massivem Polizeieinsatz beendet wurde.
Für einen der Besetzer endet die Räumung im Gefängnis. Der 18-Jährige aus Erfurt sei per Haftbefehl gesucht gewesen, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft. Der Jugendliche war demnach zu drei Jahren Haft wegen Raubs verurteilt worden und nicht zum festgelegten Termin ins Gefängnis gekommen. Alle anderen 58 Festgenommenen seien inzwischen wieder auf freiem Fuß, so die Staatsanwaltschaft.
Der Polizeieinsatz sei auf Eskalation ausgelegt gewesen, kritisiert Peter Metz, Vorsitzender der Thüringer Jusos: "Die Machtdemonstration seitens der Polizei war widerlich. Wer auch immer diesen Einsatz zu verantworten hat, muss erklären, warum DemonstrantInnen sinnlos in Gewahrsam genommen, Menschen bis zu vier Stunden in einem nicht belüfteten Bus saßen und immer wieder seitens der Polizei schikaniert wurden. Hier bedarf es einer schnellen Aufklärung seitens der Einsatzleitung und der verantwortlichen Politiker", so Metz. Eigentliche Aufgabe der Polizei sei es doch, die Demonstration zu begleiten und zu schützen: Davon konnte am Donnerstag nicht die Rede sein.

Scharf kritisiert wurde der Polizeieinsatz derweil auch vom Landesjugendwerk der AWO Thüringen. Die Polizei sei bei der Räumung unverhältnismäßig, bei der anschließenden Demonstration in der Innenstadt unprofessionell und überzogen vorgegangen. "Menschen seien grundlos von Polizisten angegriffen und verletzt worden", teilt Barbara Lochner mit. Ein Ehrenamtlicher des Landesjugendwerks sei inhaftiert, in der Befragung beleidigt und in angeblich notwendigen polizeilichen Maßnahmen entwürdigt worden, heißt es weiter. Von willkürlichen Verhaftungen durch Greiftrupps während der abendlichen Demo sprechen Unterstützer der Hausbesetzer.
Weder ausschließen noch bestätigen wollte die Polizei gestern einen Zusammenhang einzelner Brände in der Nacht mit dem Protest gegen die Räumung des Besetzten Hauses: In der Nacht zum Freitag brannten in der Pförtchenstraße zwei Mülltonnen, die Unbekannte auf die Fahrbahn geschoben hatten. Am Juri-Gagarin-Ring wurden auf einem Mülltonnenstandplatz mehrere Behälter in Brand gesetzt. In der Theodor-Neubauer-Straße brannten eine Sperrmüll- und eine Papiermülltonne. Ein Fiat wurde in der Rathenaustraße in Brand gesetzt. Nach bisherigen Ermittlungen der Polizei kam dabei ein Brandbeschleuniger zum Einsatz.