Presseerklärung 12. Juni 2001

Veranstaltung zu Antisemitismus und Arbeit auf dem besetzten Topf & Söhne-Gelände

Schon seit knapp zwei Monaten ist ein Gebäude des ehemaligen Firmengeländes von "Topf & Söhne" in der Rudolstädter Strasse besetzt.
Dort entsteht ein selbstverwaltetes politisches Jugendzentrum. Die BesetzerInnen haben unter anderem das Ziel, sich kritisch mit der Geschichte des Geländes auseinanderzusetzen. Dies soll möglichst öffentlich geschehen, da bislang die Verwicklung der Erfurter Firma "Topf & Söhne" in den nationalsozialistischen Massenmord an Jüdinnen und Juden kaum thematisiert wurde. Die Firma stellte Krematorienöfen für Auschwitz und andere Konzentrations- und Vernichtungslager her.

Aus diesem Grund haben die HausbesetzerInnen in Kooperation mit dem Bildungsverein BAFA e.V., dem DGB-Bildungswerk und dem "Thüringer Forum für Bildung und Wissenschaft" die Autorin Andrea Woeldike und den Autor Holger Schatz auf das Gelände eingeladen. Am Dienstag, den 12. Juni um 19 Uhr werden sie ihr kürzlich in der "Reihe antifaschistischer Texte" im UNRAST-Verlag/Münster erschienenes Buch "Freiheit und Wahn deutscher Arbeit - zur historischen Aktualität einer folgenreichen antisemitischen Projektion" vor- und zur Diskussion stellen.

H. Schatz und A. Woeldike untersuchen ausgehend von einer historischen Reflexion des deutschen Arbeitsbegriffes die gesellschaftlichen Abgründe der Projektion einer raffenden, jüdischen "Nicht-Arbeit".

Der ideologiekritische Blick ermöglicht nicht nur eine Analyse der Ausschlussmechanismen der Volksgemeinschaft. Er vermag darüber hinaus auch die Kontinuitäten und Veränderungen der deutschen Arbeit nach 1945 angesichts des Fortwirkens von Rassismus und Antisemitismus nachzuzeichnen.

Die ReferentInnen setzen den Blick auf den utopischen Gehalt des deutschen, nationalen Sozialismus als eine Voraussetzung, um die Dynamik des antisemitischen vernichtungswahns in Ansätzen erschliessen zu können. Das Buch richtet den Blick auf die Synthese der spezifischen Vorstellung von Arbeit und einer Idee von Freiheit, die in Deutschland immer die Freiheit vom Fremden meint. Am Ort der Vernichtung, am Eingangstor zum KZ Auschwitz, haben Deutsche ihren Wahn deutlich gemacht - dort steht zu lesen: "Arbeit macht frei!"

Die HausbesetzerInnen