Flyer zum "Tag der deutschen Einheit" 2003


Es gibt nichts zu feiern!



Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört

Nachdem Deutschland 1990 mit Zustimmung der Alliierten seine volle Souveränität wiedererlangen konnte, finden alljährlich am 3. Oktober die Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung statt. Schon kurz nach dem Mauerfall, als das deutsche Volk sich in den Armen lag, ließen Reichskriegsflaggen neben Deutschlandfahnen erahnen, wer hier zueinander finden sollte. Die Befürchtung des Wiedererwachens von Nazideutschland bestätigten sich zwar nicht - Fakt ist jedoch, dass in Folge des deutsch-nationalen Freudentaumels, faschistische Mörderbanden, unter breiter Zustimmung des rassistischen Bürgermobs Terror gegen MigrantInnen ind all diejenigen verbreiteten, welche nicht in das diffuse deutsch-nationale Weltbild passten. Rostock-Lichtenhagen, Solingen und Hoyerswerda sind nur einige Beispiele hierfür.
Statt diese Geschehnisse als Alarmzeichen zu werten, wurden sie als Begründung genutzt, eine rassistische Gesetzgebung durchzusetzen, was in der faktischen Abschaffung des Artikel 16 GG (Recht auf Asyl) gipfelte.
Eine Nation, die nach innen eine solch eingeschworene Gemeinschaft darstellt, kann sich mit neuem Selbstbewusstsein um Aufgaben außerhalb ihrer Grenzen umsehen. Nachdem Fischer, Scharping und Co im ehemaligen Jugoslawien einen neuen "Hitler" und Konzentrationslager, wie es bisher nur aus der deutschen Geschichte bekannt war, ausfindig machten, zog die deutsche Truppe erstmalig seit dem 8. Mai 1945 wieder zu einem Angriffskrieg aus, um nicht trotz sondern wegen Auschwitz Menschenrechte herbeizubomben. Mit diesem Krieg kam Deutschland seinem Ziel, sich seiner historischen Schuld am Holocaust zu entledigen, einen großen Schritt näher. Und spätestens nach Martin Walsers Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Börsenvereins des deutschen Buchhandels dürfen alle darüber sprechen was man vorher nur dachte: Keine Kollektivschulddiskussionen, keine Moralkeule Auschwitz und dann braucht sich Opa auch nicht mehr für die Vergangenheit zu schämen.
So konnte und kann mit ruhigem Gewissen die Forderung der (überwiegend osteuropäischen) NS - ZwangsarbeiterInnen nach Lohn, Zins und Zinseszins ignoriert werden. Auch ein aktuelles Urteil (2003) vom Bundesgerichtshof zu NS - Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland, welches bestimmt, dass es kein individuelles Recht auf Entschädigung gibt, da die Wehrmacht nach derzeit geltendem Recht handelte, zeigt hier deutsche Kontinuität.
Neueste Einheitsgefühle kamen bei den Antikriegs - Demos gegen einen Einsatz der USA im Irak auf. Grosse Teile der "Friedensbewegten" von PDS und Gewerkschaften über Grüne, SPD, FDP bis hin zu NPD und Kameradschaften waren sich einig, im Kampf gegen Amerika die Diktatur des nationalistischen, rassistischen, antisemitischen und patriachalen Baath - Regimes mindestens zu billigen. So begründet Gerhard Schröder seine Opposition gegen einen gewaltsamen Sturz Saddam Husseins mit dem "selbsterfahrenen Leid" der Deutschen:" Wir Deutschen wissen aus eigener Erfahrung [...] was Bomben, Zerstörung und Verlust der Heimat für die Menschen bedeutet". Mit dieser Aussage bringt Schröder die Meinung, des größten Teils der "Friedensbewegten", auf den Punkt.
Der zivilisatorische Bruch Auschwitz hat nicht dazu geführt, dass die Grundlagen einer Gesellschaft, die den Holocaust möglich gemacht hat, überdacht wurden. Noch immer bringt das gesellschaftliche Verhältnis Kapital und Nation in großem Maße Antisemitismus und völkisches Gedankengut hervor. So wird in Deutschland zum Beispiel der 9. November als Tag des Mauerfalls gefeiert während weltweit der Pogrome von 1938 gedacht wird.

Deutschland verrecke!

Die BesetzerInnen des ehemaligen Topf & Söhne Geländes