Flugblatt zum 8.März 2003


Der 8. März ist der "Internationale Frauen - Kampf - Tag"!

Das hört sich in den Ohren der meisten Menschen nach etwas an, was weit zurück liegt und heute keine Bedeutung mehr hat. Dennoch ist unsere heutige Gesellschaft von den Ergebnissen der Frauenkämpfe stark beeinflusst.
Wenn Frauen heute in Europa selbstverständlich Wählen gehen, Studieren, Abitur machen, Hosen anziehen und teilweise über ihre Lebensplanung entscheiden können, so ist das - innerhalb der letzten 300 Jahre - eher ein neues Phänomen, welches hart erkämpft wurde!

Die erste Frauenbewegung war von 1848 bis 1914 aktiv. Die Industrialisierung schaffte neue Lebensbedingungen und Frauen waren darin gegenüber Männern benachteiligt. Das Stimmrecht gibt es für Frauen in Deutschland erst seit 1918. Die Frauenbewegung gründet zur Erkämpfung des Wahlrechts 1910 einen Weltbund für Frauenstimmrecht mit weltweit 8. Mio. Frauen. 1891 wurden in Deutschland die ersten Frauen in eine Partei aufgenommen.
Der erste Zugang von Frauen zu Universitäten wurde 1900 erkämpft. Vollständig gleichberechtigt konnten Mädchen erst 1914 ihr Abitur ablegen. Die Frauen forderten auch den gleichen Zugang zu allen Berufen. Ein weiteres Ziel der ersten Frauenbewegung - gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit - ist bis heute noch nicht umgesetzt.
Mitte der 60iger Jahre des 20. Jahrhunderts entstand die 2. große Frauenbewegung in Europa, welche sich in der BRD vor allem gegen den Paragraphen 218 StGB richtete, der Abtreibung für strafbar erklärte. 1975 scheiterte eine Gesetzesinitiative für eine Fristenlösung - die eine Abtreibung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt der Schwangerschaft prinzipiell legalisieren sollte - am Bundesverfassungsgericht. Zur gleichen Zeit gab es in der DDR die gesetzliche Regelung, welche die Entscheidung über eine Abtreibung der Frau überlies. Erst nach der Auflösung der DDR konnte eine prinzipielle Illegalität des Schwangerschaftsabbruchs in der BRD nicht mehr aufrechterhalten werden, denn während der Proteste in der DDR war auch dort eine starke Frauenbewegung entstanden, die für die Erhaltung ihrer Rechte kämpfte. Auch heute wird das Recht für diese Entscheidung der Frau erst nach einer "Schwangerschaftskonfliktberatung" erteilt und auch nur bis zum dritten Monat der Schwangerschaft.
Die zweite Frauenbewegung der 60iger und 70iger Jahre kämpfte aber auch für die Chancengleichheit, welche allen Menschen im Grundgesetz der BRD zugesichert wird, zum Beispiel betraf das den Zugang zu allen Berufen. Unter anderem gab es dazu 1973 Aktionen gegen die Fluglinie Lufthansa, denn diese wollte keine Pilotinnen einstellen. Auch hier war im gleichen Zeitraum in der DDR ein gleichberechtigter Zugang möglich.
Die zweite Frauenbewegung schaffte außerdem Bereiche in Kultur, Literatur, Wissenschaft und Politik, die männerunabhängig organisiert waren. Es wurden Schutzräume für Frauen gestellt, es wurde geforscht, geredet, gelesen, geschrieben, etc.. Damals wurde erkämpft, was heute - jedenfalls in liberalen Kreisen - selbstverständlich scheint: Frauenhäuser, Mädchenzentren, Frauenzeitungen, Frauen - Lesben - Bars oder politisch engagierte Frauengruppen.
Weitere Errungenschaften, die wir früheren Frauenkämpfen zu verdanken haben, sind zum Beispiel die rechtliche Anerkennung der Vergewaltigung in der Ehe, die rechtliche Möglichkeit zur finanziellen Unabhängigkeit in der Ehe, die freie Auswahl des Nachnamens nach der Eheschließung, die Schaffung der gesetzlichen Möglichkeit, dass nicht zwingend die Mutter den Erziehungsurlaub nehmen muss, etc..

Auch heute ist eine Gleichstellung von Männern und Frauen nicht erreicht. Ob mensch sich die oftmals schlechtere Bezahlung, die tägliche Herabsetzung durch Männer, sexuelle Übergriffe, die Ausgrenzung lesbisch handelnder Frauen, die überwiegend männliche Besetzung von entscheidungstragenden Ämtern oder männlich dominierte Sprache und Wissenschaft anschaut. Männliche Dominanz über Frauen ist in all diesen Bereichen zu finden und wird durch Gesetze, Werte und Handlungen immer wieder verfestigt.
Frauenkampf scheint also keine überholte Sache zu sein und das sehen viele Frauen auch so!
Einige Forderungen, um die momentan gekämpft wird sind z.B.:
Für das Recht der Frauen, über ihren Körper zu verfügen und ihren Lebensstil, ihre Sexualität und sexuelle Orientierung zu wählen! Das umfasst u.a. das Recht auf Abtreibung, Zugang zu Verhütungsmitteln und die gesellschaftliche Anerkennung von Lesben.
Für die Beendigung der herrschenden heterosexuellen Norm!
Unterstützung der Frauenbewegungen in Afghanistan, Iran, Irak und anderen Ländern!
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

Auch wenn wir die Ursache von Sexismus in der Einteilung von Menschen und in der heutigen Gesellschaftsform sehen (siehe unten), so unterstützen wir doch die Kämpfe, die in dieser Gesellschaft eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen erreichen und die Dominanz von Männern beenden wollen.


Täglich beißen Sie in den sauren Apfel .... der Geschlechtereinteilung

Menschen werden in gegensätzliche Kategorien WEIBLICH und MÄNNLICH eingeteilt: schwach und stark, natürlich und zivilisiert, rational und emotional, passiv und aktiv, dominant und unterlegen sind einige Eigenschaften, die diesen Kategorien zugeschrieben werden.
Bei der Geburt werden alle Menschen in unserer Gesellschaft einer dieser beiden Kategorien zugeordnet. Diese Zuordnung geschieht zwangsweise, ist also gesetzlich vorgeschrieben. Personen, die sich anatomisch nicht zuordnen lassen, werden normalerweise so umoperiert, dass eine Zuordnung nach dem Gesetz möglich ist.
Nach dieser zwanghaften Zuordnung beginnt dann die soziale Zuschreibung an das Kind. Die Interpretation des Verhaltens des Kindes hängt sehr stark von der vermeintlichen Geschlechtszugehörigkeit ab. Ein Mädchen muß schnell selbständig werden und lernen, sich um andere zu kümmern und zu gefallen; ein Junge muß vor allem Durchsetzungsvermögen, Stärke und Beherrschung erlernen. Ein Mädchen nervt und sieht hässlich aus, wenn es weint; ein Junge darf nicht weinen um seine Stärke zu beweisen. Wenn ein Mädchen laut ist, dann ist es ungezogen; ein Junge hingegen zeigt, dass ER sich schon gut durchsetzen kann. Ähnlich setzt sich diese Zuschreibung in Kindergarten und Schule fort.
Hier zeigen sich schon deutlich die Wertigkeiten, die mit solchen Zuschreibungen verbunden werden. Kinder werden zu Männern erzogen, die ihre Interessen durchsetzen und zu Frauen, die besonders gut darin sind, anderen ihre Wünsche von den Augen abzulesen und zu erfüllen.
Aber auch die negative Seite zeigt sich für alle Beteiligten. Die einen müssen ihre eigenen Wünsche zurückstellen, weil sie dazu da sind, andere zu bestätigen, die anderen müssen Wünsche zurückstellen, um ihre Vormachtstellung nicht zu verlieren.
In der Pubertät kann mensch dann beweisen, wie gut mann oder frau in der jeweiligen Rolle ist. Eine heterosexuelle Zweierbeziehung ist der perfekte Beweis für eine gelungene Zurichtung! Wer sich zu sehr für´s eigene Geschlecht interessiert, bei dem ist wohl irgendwas schief gelaufen. Kein Wunder also, das "Schwuler" zu einem Schimpfwort unter Jugendlichen wird und über lesbische Beziehungen konsequent geschwiegen wird. Was es nicht geben darf, das gibt es auch nicht! Der Körper und die Sexualität - die in unserer Gesellschaft einen sehr hohen Wert haben - haben diesen nur in einer bestimmten Form, in einer bestimmten Art und Weise, die sich gesetzlich in Ehe und Familie ausdrückt, welche ja bekanntlich unter einem besonderen Schutz stehen. In der klassischen Familie werden die Kategorien wohl am deutlichsten: der Mann geht nach draußen, geht Arbeiten, bekommt Geld dafür und vertritt die Familie nach außen. Die Frau sorgt mit ihrer unbezahlten Arbeit dafür, dass die Reproduktion des Mannes und der Gesellschaft gewährleistet ist, indem sie die Hemden wäscht, Essen kocht und die Kinder versorgt. Die Familie wird oft als Keimzelle des Staates benannt. Hier wird offen gesagt, dass Familie und Gesellschaft keine getrennten Bereiche sind, sondern das eine das andere voraussetzt.
Dies hat auch zur Folge, dass Frauen weniger als Männer im gleichen Beruf verdienen, dass es typische Frauen - bzw. Männerberufe gibt, die gesellschaftlich unterschiedlich viel Wert sind und somit auch unterschiedlich bezahlt werden. Auch der Slogan "Vereinbarkeit von Beruf und Familie" bedeutet nur, dass ein Weg gefunden werden muß, dass Frauen einen Job haben und gleichzeitig noch Wäsche waschen und Kinder betreuen können.

Es scheint eine Endlosschleife: Menschen bestehen in dieser Gesellschaft am besten, wenn sie sich ihrer eigenen Rolle anpassen, gleichzeitig bestätigen sie sie damit und tragen nicht zu einer Veränderung bei. Männer haben scheinbar viel zu verlieren, nämlich ihre Vormachtstellung gegenüber Frauen. Frauen können die Unterstützung der Männer verlieren, welche in einer männerdominierten Gesellschaft hohen Wert besitzt, wenn sie ihnen nicht mehr zum Gefallen sind. Fraglich ist auch, ob das Problem dadurch gelöst wird, wenn Frauen so wie Männer sein sollen!? Also auch immer stark? Immer in Konkurrenz zu anderen Männern, nie Gefühle zeigen?
Zum Beispiel wird es als Schritt hin zur Gleichberechtigung betrachtet, dass Frauen jetzt auch die Möglichkeit haben, bei der Bundeswehr zu kämpfen. Dieses Beispiel zeigt, dass Gleichberechtigung meist so umgesetzt wird, dass Frauen sich an männliche Verhaltensweisen und Werte anpassen. Männliche Werte und Verhaltensweisen werden hingegen nur selten hinterfragt. Was es für Männer bedeutet, sich 9 Monate einem militärischen Drill unterwerfen zu müssen und dabei persönliche Schwächen und Gefühle vollkommen überspielen zu müssen, wird übersehen oder gilt als Härtetest der männlichen Identität. Mann - Sein ist also keine Norm, sondern auch eine Zurichtung von Menschen, die aufgehoben werden muss.

Die Lösung ist nicht innerhalb der Zweiteilung der Menschen zu finden, denn darin zeigt sich die Wurzel des Sexismus. Eine Kategorisierung von Menschen bedeutet immer auch Ausgrenzung von Menschen, die sich nicht einordnen lassen (wollen). Außerdem bringt eine Einteilung immer auch die Abgrenzung zu der anderen Seite mit sich, die oft Abwertung und damit Hierarchie hervorbringt. Die Festlegung eines Menschen auf eine bestimmte Art zu Denken, zu Fühlen und zu Handeln ist schließlich immer auch ein gewalttätiger Akt der Einschränkung des Individuums.
Die enge Verknüpfung von Sexismus mit gesellschaftlichen Bereichen, wie Wirtschaft und Staat zeigt, dass eine umfassende gesellschaftliche Veränderung notwendig ist, um Sexismus erfolgreich aus der Welt zu schaffen.
In der derzeitigen Wirtschaftsform Kapitalismus werden Menschen allein nach ihrer Verwertbarkeit beurteilt. Da im Reproduktionsbereich (Erholung, Erziehung, Versorgung, ...) - dem Frauen zugeordnet sind - kein (direkter) Gewinn erzielt werden kann, haben Frauen weniger Wert. Das bedeutet weniger oder keine Bezahlung, weniger oder keine Beteiligung an Entscheidungen und oftmals finanzielle Abhängigkeit von Männern. Der Staat, der vor allem kapitalistische Interessen verwaltet, setzt diese unterschiedliche Bewertung von Menschen mit Hilfe von Gesetzen und Institutionen um.
Deshalb ist das Ziel einer gesellschaftlichen Veränderung eine Gesellschaftsform, die sich an den Bedürfnissen aller Menschen, anstatt an der Schaffung von Mehrwert (Gewinn) orientiert, die Hierarchien ablehnt und in der Menschen nicht in Kategorien eingeteilt werden.

Geschlechterkategorien abschaffen
Kapitalismus abschaffen
Für ein Leben ohne gesellschaftlichen Zwangsverhältnisse
Für hierarchiefreie Zusammenschlüsse
Das Hausplenum des besetzten Topf & Söhne Geländes