Die Texte sind einer Ausstellung über Häuserkampf und Stadtteilppolitik entnommen, die ebenfalls von den Besetzer/innen des Topf & Söhne-Geländes erstellt wurde.
Sie parken auf unseren Träumen
Das selbstverwaltete Jugendzentrum Korax wurde Anfang 1998 geschlossen. Nachdem das Gebäude abgerissen wurde, um einen Parkplatz zu errichten, saßen viele Junge Menschen auf der Straße. Für viele war dies ein Ort gewesen, an dem sie ihre Vorstellung von einem solidarischem, selbstbestimmten Leben verwirklichen konnte. Es war ein Freiraum, um der alltäglichen Konkurrenz und Isolierung zu entfliehen.
Die Besetzung der Villa K.
In dieser Situation wurde am 12. September ein seit 8 Jahren leerstehendes Haus in der Cyriaksstraße 30a besetzt - die Villa Katharina. Da in der vorangegangenen Zeit alle linken und subkulturellen Zentren und Wohnprojekte geschlossen worden waren, schien eine Besetzung der einzige Weg zu sein, der allmählichen Zerstörung linker Kultur etwas entgegenzusetzen. In dem besetzten Haus sollte ein Wohnprojekt und ein Jungendzentrum entstehen. Die Besetzer/innen planten Projekte wie ein Cafe, eine alternative Bibliothek, regelmäßige Volxküchen, Ateliers und Bandproberäume.
Das Haus sollte einen Freiraum darstellen für alle Menschen, die versuchen wollen der täglichen Diskriminierung und Konkurrenz zu entkommen und solidarisch miteinander zu leben. Dieses Anliegen wollten die Besetzer/innen am nächsten Tag den Nachbar/innen vorstellen, die sie zu Kaffee und Kuchen eingeladen hatten. Vier Anwohner/innen waren der Einladung auch gefolgt.
Der Traum von einem gesellschaftlichen Freiraum wurde 18 Tage nach der Besetzung zerstört ...
...Die Räumung
Am 30. September gegen 11 Uhr stürmten ca. 25 Polizist/inn/en die Villa Katharina. Die 8 anwesenden Menschen wurden geweckt. Dabei legten die Polizisten ein extrem sexistisches Verhalten an den Tag. Die Frauen mussten sich unter den Augen der Polizisten an- und ausziehen, wobei sie erniedrigende Sprüche ertragen mussten.
Die acht Personen wurden noch vor Ort fotografiert und anschließend wurden sie zur Polizeistation gebracht. Die Verfahren wegen Hausfriedensbruch sind alle eingestellt.
Ihr unsere Häuser - wir eure Plätze
Nach der Räumung wurde wieder versucht durch verschiedene Aktionen darauf aufmerksam zu machen, dass von Seiten der Stadt alles getan wird, um erkämpfte Freiräume zu zerstören. So versammelten sich schon einen Tag danach ca. 60 Menschen auf dem Fischmarkt, um eine Stellungnahme des Oberbürger/innen/meisters Manfred Ruge zu fordern. Dieser war - obwohl im Rathaus - nicht zu einem Gespräch bereit.
Rock im Rathaus
Am 26. November 1998 wurde das Rathaus für einen Tag symbolisch besetzt. Ca. 50 Menschen trafen sich dort bei Kaffee, Kuchen und Brötchen und dem Anliegen von den Verantwortlichen der Stadt zu erfahren, ob sie ein alternatives Objekt für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum anbietet. Der Oberbürger/innen/meister war wieder nicht zu ersprechen. Zu einem vereinbarten Termin erschien er auch nicht.
Amnesiebekämpfungstag
Am 17. April wurde auf dem Wenigemarkt mit einem Straßenfest auf den 1. Jahrestag der Schließung des Korax aufmerksam gemacht. Um die 100 Menschen beteiligten sich an diesem Tag: Es gab Kaffee, Kuchen, Infowände, Büchertische, Trommeln, Jonglage ...
Die Besetzung der Schottenstraße
Ein leerstehendes Haus in der Schottenstraße wurde von mehreren Jugendlichen im Mai 1999 bezogen. Das Haus in der Schottenstraße wurde renoviert und einigermaßen bewohnbar gemacht. Die Besetzung wurde vor der Räumung nicht öffentlich gemacht. Neben der Forderung nach einen selbstverwalteten Zentrum spielte auch eine Rolle, dass einige Bestzer/innen keine Wohnung hatten. Gleichzeitig diente das Haus aber auch als Treffpunkt für viele Jugendliche, die dort nachmittags gemeinsam renovierten, diskutierten und lebten.
Am 21.5.99 wurde das Haus nun geräumt und steht bis heute leer. Der Besitzer wollte es abreißen lassen, darf dass aber aus Gründen des Denkmalschutzes nicht.
Richard-Breslau-Straße 9 besetzt
0Am 20.8.00 wurde der seit einigen Jahren leerstehende ehemalige Kindergarten in der Richard-Breslau-Straße 9 besetzt. Damit unterstrichen die neuen Bewohner/innen nochmals ihre Forderung nach einem selbstverwalteten Zentrum in Erfurt. Seit mittlerweile 2 Jahren ist das frühere Jugendzentrum Korax nun geschlossen. Geplant war es auch in diesem Haus ein Café einzurichten, Bandproberäume zu schaffen, Konzerte stattfinden lassen, eine alternative Bibliothek einzurichten, eine Fahrradwerkstatt, Räume für politische Diskussionen, Veranstaltungen und Seminare ... Anwohner/innen und Interessierte wurden 2 Tage nach der Besetzung zu Kaffee und Kuchen und vor allem zu Gesprächen eingeladen. Einige nutzten dieses Angebot. Nach nur 4 Tagen wurde das Haus unter massivem Polizeiaufgebot geräumt. Die 12 Anwesenden wurden morgens gegen 6 Uhr vom Räumkommando geweckt, und in Handschellen abgeführt, wobei sie gefilmt uns fotografiert wurden. Auf dem Revier wurden sie erkennungsdienstlich behandelt, da die Polizei behauptete, dass Flaschen mit Kaffeesatz und Filtern Molotowcoctails wären. Einige verbrachten 8 Stunden im Gefängnis.
"10 leere Flaschen Wein können schnell 10 Mollis sein"
Einen Tag nach der Räumung wurde bei einer Kundgebung auf dem Fischmarkt ein neues Objekt gefordert. Weiterhin wurde die Behauptung dementiert, es hätten sich Molotowcoctails im Haus befunden.
Verhandlungen mit der Stadt
Im Herbst begannen Gespräche zwischen Vertreter/innen des Allerlei e.V. und des Erfurter Jugendamtes. Grundlage war ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept des Allerlei e.V. Dieses wurde dann auch im Jugendhilfeausschuss vorgestellt mit der Bitte, es zu unterstützen. Im Dezember wurde dort ein Beschluss gefasst, der den Oberbürger/innen/meister Ruge beauftragt ein geeignetes Objekt zu finden. Die Angebote die dem Verein bis heute unterbreitet worden, waren mit Ausnahme der Schillerstraße 33, die dann in den Schulverwaltungsplan aufgenommen wurde, untragbar. So hatte die alte Malschule in der Vollbrachtstraße eine Nutzungsfläche von ca. 1400 qm und die jährlichen Heizkosten betrugen über 10.000 DM. Für einen gemeinnützigen Verein nicht tragbar. Andere Objekte waren in einem derart heruntergekommenen Zustand, dass die Renovierung ebenfalls unbezahlbar geworden wäre. Zuletzt wurde dem Verein die Magdeburger Allee 135 gemeinsam mit dem Wirbelwind e.V. angeboten. Vertreter/innen des Wirbelwind und des Allerlei e.V. erklärten nach Gesprächen, dass eine gemeinsame Nutzung nicht in Frage kommt, da elementare Räumlichkeiten wie Konzertraum oder Küche gemeinsam genutzt werden müssten, was bei den unterschiedlichen Konzepten und Zielgruppen der Vereine zu Konflikten führt. Die Stadt wurde aufgefordert beiden Vereinen ein Objekt zur Verfügung zu stellen.
Demonstration für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum
Eine Demonstration für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum beginnend vor der Schillerstraße 33 a sollte der Forderung des Vereins dieses Objekt zu bekommen, Nachdruck verleihen. Zwar wurde dieses Objekt dem Verein angeboten, jedoch gab es noch einen Verkaufsbeschluss des Stadtrates, der rückgängig gemacht werden müsste. Das Haus konnte seit 2 Jahren nicht verkauft werden. An der Demonstration beteiligten sich ca. 100 Menschen. Im Anschluss wurde Vertreter/innen der Stadt ein Scheck mit der symbolischen Mietzahlung von 1 DM überreicht, dessen Annahme von den Verantwortlichen der Stadt verweigert wurde. Später wurde klar, dass das Haus nicht verkauft wird, sondern im Rahmen des Schulentwicklungsplans 2001 ein Begegnungszentrum werde soll, in dem es Sprachunterricht für Migrant/inn/enkinder geben soll. Unter diesen Umständen verzichtete der Allerlei e.V. auf dieses Objekt und forderte die Stadt aber auf, nach anderen Möglichkeiten zu suchen.
Liegenschaftsamt besetzt
Die Suche nach geeigneten Objekten blieb - bis heute - erfolglos. So entschlossen sich 30 Menschen am 12. September 00 das Liegenschaftsamt zu besetzen. Im Liegenschaftsamt wurde versprochen die Objekte der Stadt zu überprüfen, ob sich nicht ein geeignetes darunter befinde.
Squat for your right to party
Am 13.11.00 fand in einem leerstehenden Haus in der Schottenstraße eine Party statt. Um die 120 Jugendliche waren gekommen, um zu Hip Hop und Drum' Bass zu tanzen. Mehre DJ' s legten an diesem Abend auf. Die Party zeigte, dass erneut, dass es genug leeren Raum gibt, in denen Menschen, eigene Kultur unkommerziell erleben können.