Thüringer Allgemeine vom 19.04.2001

Politik soll den Knoten lösen


Polizei- und Feuerwehreinsatz auf Fläche von Topf&Söhne

Große Aufregung gestern Nachmittag unter den Hausbesetzern auf dem Gelände der früheren Firma Topf&Söhne.
Die Polizei will das Gelände stürmen. Tatsächlich waren mehrere Polizeibeamte erschienen. Mit einer Videokamera wollten Beamte das Gebäude filmen. Die haben zwar behauptet, dass es ihnen um Brandschutzverordnung geht, meint Andreas Schäfer von den Hausbesetzern. Wir sind aber davon überzeugt, dass sie nur für den Fall einer gewaltsamen Räumung feststellen wollten, wie man am schnellsten in das Gebäude kommt. Wir bekamen nur Informationen, uns umzusehen, so Polizeihauptkommissar Detlef Winter gegenüber TA. Denn es gibt dort keine Heizmöglichkeiten und eigentlich keinen Strom. Und auf Grund der Witterung müssen die jungen Leute ja irgendwie heizen. Daneben ist die Tankstelle... Also diente der Einsatz, zu dem wir die Feuerwehr noch riefen, nur zur Gefahrenabwehr. Die Jugendlichen verweigerten den Polizisten den Zutritt. Die Situation war aufgeheizt, weil die Hausbesetzer vermuteten, dass die Polizei den Notgeschäftsführer des Geländes aufgesucht habe, um von ihm einen Räumungsbefehl zu erwirken. Wir haben gar kein Interesse, das Gelände zu räumen.

Erst als drei Feuerwehrleute erschienen, entspannte sich die Situation. Man ließ sie in einige Räume. Die Besetzer boten der Wehr eine spätere Begehung des gesamten Hauses ohne die Polizei an. Und nach Ermahnungen, keine Kerzen in die Nähe der Vorhänge zu stellen und sich Feuerlöscher zuzulegen, zogen Feuerwehr und Polizei ab. Der Notgeschäftsführer des privaten Geländes, Dr. Thomas Diethmar, gab keinen Auftrag zur Räumung. Allerdings, so bekräftigte er gegenüber TA, werde das Betriebsgelände bestimmt nicht auf Dauer ein Jugendzentrum sein. Er sei sich mit der Erfurter Polizei eigentlich einig, das Thema dorthin zu bringen, wo es letztendlich geklärt werden muss in der Politik. Die Stadt könne vielleicht den Knoten lösen und die Bedürfnisse der Jugendlichen nach Räumen für ein selbst verwaltetes Jugendzentrum befriedigen. In der Stadtverwaltung deuten sich Möglichkeiten für ein Gespräch an. Allerdings sei man immer in der prekären Lage, in wie weit man sich mit solchen Aktionen dann erpressen lassen könne. Für heute um 19.00 Uhr wird im besetzten Gelände zu einer Podiumsdiskussion "Freiräume erkämpfen?" eingeladen. Diskutiert werden soll über die Zukunft des besetzten Hauses und über die Bedeutung von Freiräumen. Eingeladen ist u.a. das Jugendamt. "Das Thema ist wichtig. Und wir versuchen trotz Terminschwierigkeiten, Jemanden zu schicken", so Jugendamtsleiter Hans Winklmann. Ansonsten wolle man sich bei diesem speziellen Fall zurück halten. Schließlich ist es ein privates Gelände. Wir können Hilfe bei Problemen mit Eltern oder Schule anbieten, so Winklmann. Aber ob dies die jungen Leute wirklich brauchen und wollen? Reine Raumbeschaffer sei das Jugendamt jedoch nun auch nicht. Dass bislang trotz etlicher Angebote für den Allerlei e.V. keine Räume für ein selbst verwaltetes Jugendzentrum gefunden wurden, läge auch daran, dass der Verein sein Konzept nicht anpassen wollte.