Förderkreis Topf& Söhne diskutiert Vereinsgründung/Zeitpunkt für Baubeginn
auf dem Gelände ungewiss
Geschichts- oder Erinnerungsort? Die Frage, welcher Beiname eher zur
künftigen Topf & Söhne-Ausstellung passt, ist nur ein Detail, welches die
Mitstreiter des Förderkreises beschäftigt. Auch wenn der Käufer noch nichts
zum Baubeginn auf dem Gelände sagt, steht bereits die Diskussion an, ob eine
Vereinsgründung die Arbeit intensivieren könnte.
Ungeduld herrschte im Publikum, als es jüngst nach der Aufführung
der Lesung Technik ohne Moral um die Mitsprache der Erfurter bei der
Umgestaltung des Werksgeländes gab. Der Förderkreis ist offen für jeden. Es
konnte schon bisher jeder mitmachen oder nachfragen, verweist Sprecher
Eckart Schörle auf die Praxis.
Sah der lose Verbund von Interessierten bisher allerdings seine Aufgabe
darin, die Debatte um die Verquickung von Industrie und Holocaust anhand des
Erfurter Krematoriumsbauers anzustoßen, änderte sich die Situation mit dem
jetzt erfolgten Verkauf an die Mühlhäuser Domicil Wohnbau GmbH. Es wäre
jetzt, da es um Inhalte und Form der Ausstellung geht, wichtig, die Debatte
auf eine breitere Basis zu stellen, meint Schörle. Die nicht neue Idee,
durch eine Vereinsgründung eine festere Grundlage zu schaffen, stehe so
wieder auf der Tagesordnung. Ein Verein erfordere aber Hierarchien und
festere Strukturen, schreckt einige diese Aussicht. Institutionen stärker
mit einzubinden oder Spenden und Fördergeld besser einwerben zu können,
spräche für die Gründung eines Vereins. Aber auch die inhaltliche Arbeit,
bzw. deren neue Ausrichtung könnten davon profitieren, wenn etwa durch die
Vereinsstrukturen neue und kontinulierliche Mitarbeiter gewonnen würden.
Der Förderkreis denke da bereits perspektivisch an jenen Zeitpunkt, wenn in
dem Verwaltungsgebäude die Geschichte des Familienunternehmens gezeigt wird.
Das von Weimarer Schülerinnen aufgeführte Stück macht es vor, was an aktiver
und kontinuierlicher Arbeit möglich ist. So war das Geschichtsprojekt aus
einer ohnehin bestehenden engen Zusammenarbeit zwischen dem Wei- marer
Goethe-Gymnasium und der Gedenkstätte Buchenwald erwachsen. Die Kooperation
von Schulen mit der Buchenwald-Gedenkstätte ist aber nur das eine, Weimar
gibt eine weitere Linie vor. Während nämlich in Erfurt der frühere
Oberbürgermeister Manfred Ruge die Bedeutung von Topf&Söhne eher
totschweigen wollte, habe ich bei der Begüßung von Gästen jedes Mal auf
Buchenwald verwiesen, sagte der Alt-OB Weimars, Volkhard Germer, bei der
Diskussion in der Schotte.
Das Topf-Gelände biete die Chance, die Beschäftigung mit dem Holocaust
auszuweiten. Dieser Meinung ist nicht nur Dr. Annegret Schüle, die im
Auftrag der Stadt die Ausstellung Techniker der Endlösung konzipierte und
auch die Ausstellung am künftigen Erinnerungsort wissenschaftlich
vorbereitet. Auch im Förderkreis sei man sich bewusst, dass nirgendwo
explizit die Beteiligung der Industrie am Genozid an den Juden dargestellt
wird. Erste Kontakte zur Fachhochschule Erfurt für eine dauerhafte
pädagogischen Zusammenarbeit bestehen bereits. Mit dem Anspruch, die
moralische Seite von Erfindergeist während der Ingenieur- und
Meisterausbildung zu thematisieren.
Unter einer Selbstbeschäftigung dürfte der Förderkreis - oder auch -verein -
in der nächsten Zeit keinesfalls leiden. In trockenen Tüchern ist der
Geschichtsort Topf & Söhne noch nicht, sieht Eckart Schörle einige
Unwägbarkeiten. Was genau entsteht auf dem Firmengelände? Gibt es Chancen,
neben dem Verwaltungsgebäude auch ein weiteres unter Denkmalschutz stehendes
zu erhalten? Etwa um die Produktion und einzelne Charaktere am authentischen
Ort zu zeigen? Völlig offene Fragen. Helmut Golla, Chef von Domicil Hausbau,
kann derzeit noch nicht einmal das Jahr benennen, in dem die Bauarbeiten auf
dem Gelände überhaupt losgehen sollen.
Was dem Förderkreis mehr Bedenkzeit für eine Entscheidung zur
Vereinsgründung einräumt, als ihm lieb sein wird. Und auch die Frage, ob
Erinnerungsort - wie es Dr. Annegret Schüle bevorzugt - die passende
Bezeichnung ist, lässt sich noch ausgiebig debattieren.