Thüringer Allgemeine vom 21.02.2008

Platz für alternative Wohnformen


Besetztes Haus bangt um Existenz/Sozial-Dezernentin sieht Verantwortung bei Investor und der Stadt

Ist noch Platz für ein besetztes Haus, wenn auf dem Gelände der früheren Topf & Söhne Fabrik gebaut wird? Das beschäftigt die Bewohner und Nutzer des alternativen Kulturhauses.
Von Casjen CARL, DABERSTEDT.

Im Gegensatz zu sozialen Einrichtungen und Zentren, die auch aufgrund der Kürzungspolitik der Stadt Erfurt sehr rar geworden sind, gibt es Einkaufszentren und Lebensmittelmärkte zur Genüge, schreiben die Besetzer in einer Erklärung zum Entwurf des Bebauungsplanes, der derzeit in der Bauverwaltung öffentlich ausliegt.

Denn ausgerechnet ein Einkaufsmarkt solle an der Stelle errichtet werden, wo derzeit das Besetzte Haus als sozial-politisch-kulturelles Zentrum existiert. Das ist für uns nicht akzeptabel, so Sprecherin Marlene Müller. Sie verweist auf das Lesecaf mit Veranstaltungen zu aktuellen gesellschaftliche Themen und die Arbeit im Zusammenhang mit der Geschichte der Ofenbauer für Auschwitz, der Firma Topf & Söhne. Dass der Investor Raum für den Geschichtsort zur Verfügung stellen will, begrüßen die Besetzer hingegen.

Genau beim Käufer des Areals, der neben dem musealen Geschichtsort auch Wohnungen und Gewerbe ansiedeln will, liege auch die Entscheidung, was aus dem Besetzten Haus werde, so Tamara Thierbach, Sozialdezernentin der Stadt. Angesichts des Planungsstandes stelle sich für sie nicht akut die Frage, was aus den Besetzern werde. Alternative Lebens- und Wohnformen werden aber in der Stadt ihren Platz haben, versichert die Bürgermeisterin, dass sich die Stadt nicht aus der Verantwortung stehlen wolle. Man werde auch versuchen, dass nicht wie in der Nachwendezeit Jugendliche, die alternative Wohnformen anstreben, ständig hin- und her oder weitergeschickt werden. Allerdings sei erst einmal der Investor am Zuge. Und der Bebauungsplan schaffe zunächst nur die rechtlichen Voraussetzungen, dass Bagger rollen, sieht Thierbach durchaus noch einige Zeit ins Land gehen.