Besetztes Haus bangt um Existenz/Sozial-Dezernentin sieht Verantwortung bei
Investor und der Stadt
Ist noch Platz für ein besetztes Haus, wenn auf dem Gelände der früheren
Topf & Söhne Fabrik gebaut wird? Das beschäftigt die Bewohner und Nutzer des
alternativen Kulturhauses.
Von Casjen CARL, DABERSTEDT.
Im Gegensatz zu sozialen Einrichtungen und Zentren, die auch aufgrund der
Kürzungspolitik der Stadt Erfurt sehr rar geworden sind, gibt es
Einkaufszentren und Lebensmittelmärkte zur Genüge, schreiben die Besetzer in
einer Erklärung zum Entwurf des Bebauungsplanes, der derzeit in der
Bauverwaltung öffentlich ausliegt.
Denn ausgerechnet ein Einkaufsmarkt solle an der Stelle errichtet werden, wo
derzeit das Besetzte Haus als sozial-politisch-kulturelles Zentrum
existiert. Das ist für uns nicht akzeptabel, so Sprecherin Marlene Müller.
Sie verweist auf das Lesecaf mit Veranstaltungen zu aktuellen
gesellschaftliche Themen und die Arbeit im Zusammenhang mit der Geschichte
der Ofenbauer für Auschwitz, der Firma Topf & Söhne. Dass der Investor Raum
für den Geschichtsort zur Verfügung stellen will, begrüßen die Besetzer
hingegen.
Genau beim Käufer des Areals, der neben dem musealen Geschichtsort auch
Wohnungen und Gewerbe ansiedeln will, liege auch die Entscheidung, was aus
dem Besetzten Haus werde, so Tamara Thierbach, Sozialdezernentin der Stadt.
Angesichts des Planungsstandes stelle sich für sie nicht akut die Frage, was
aus den Besetzern werde. Alternative Lebens- und Wohnformen werden aber in
der Stadt ihren Platz haben, versichert die Bürgermeisterin, dass sich die
Stadt nicht aus der Verantwortung stehlen wolle. Man werde auch versuchen,
dass nicht wie in der Nachwendezeit Jugendliche, die alternative Wohnformen
anstreben, ständig hin- und her oder weitergeschickt werden. Allerdings sei
erst einmal der Investor am Zuge. Und der Bebauungsplan schaffe zunächst nur
die rechtlichen Voraussetzungen, dass Bagger rollen, sieht Thierbach
durchaus noch einige Zeit ins Land gehen.