Thüringische Landeszeitung vom 26.01.2009

Stimmung auf beiden Seiten aufgeheizter


Konzept der Einsatzleitung ging auf, 11 Platzverweise

"Alle zusammen, tanzt das Brot. Wir sitzen doch alle im selben Boot" dröhnte aus den Boxen eines Lautsprecherwagens vor dem Erfurter Hauptbahnhof. Eine Anspielung auf die Entführung der KiKa-Figur Bernd das Brot, die sogar bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Rund 800 Demonstranten die Polizei sprach von 600, die Veranstalter gingen von 1100 Menschen aus hatten sich am Samstagmittag dort versammelt, um unter dem Motto "Hände weg vom Besetzten Haus" für den Erhalt des sozio-kulturellen Zentrums in der Weimarischen Straße zu protestieren.
Bis zum 15. Februar war in dieser Woche die Frist zur Räumung des Geländes von der Investorin, der Domicil Hausbau GmbH aus Mühlhausen, verlängert worden (TLZ berichtete). Die Demonstranten forderten jedoch dessen vollständigen Erhalt.
Anders als bei der gleichnamigen Demonstration im November war jedoch am Samstag in Erfurt ein deutlich höheres Maß an Aggressivität zu spüren. Und dies auf beiden Seiten: Schon zu Beginn der Demonstration kam es zu Rangeleien zwischen dem sogenannten Schwarzen Block, dessen harter Kern wegen der verschobenen Räumung allerdings nicht nach Erfurt kam und Einheiten der Bereitschaftspolizei, die aus vier Bundesländern zur Unterstützung nach Erfurt beordert wurden.

Aus dem Demonstrationszug wurde wiederholt mit Silvesterböllern auf Beamte geworfen, während andererseits die Polizei bei den Vorkontrollen zuweilen rüde zu Werk ging. Die Anmelderin der Demo, die Jenaer Stadträtin Katharina König, warf deswegen der Einsatzleitung einen maßlos überzogenen Einsatz vor. Es würden rechtliche Schritte gegen das Verhalten einzelner Beamter geprüft.
Nachdem es bei der vergangenen Demonstration der Hausbesetzer zu Auflagenverstößen wie Vermummung und Zünden von Pyrotechnik gekommen war, hatte die Einsatzleitung dieses Mal offenbar ein neues Konzept entwickelt, das am Ende aufging: Bereits am Hauptbahnhof war ein Karree aus sogenannten Hamburger Gittern aufgestellt worden, in das die Demonstranten erst nach einer intensiver Durchsuchung eingelassen wurden. Selbst für Pressemitarbeiter und -fotografen gestaltete es sich schwierig, überhaupt freie Sicht auf den Zug zu bekommen, der rundherum eingekesselt war. Im Verlauf des Abends soll es in den Nähe des Hauses zu kleineren Auseinandersetzungen gekommen sein. Insgesamt wurde gegen 11 Teilnehmer Anzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erstattet und Platzverweise ausgesprochen. Zudem sei die Identität von 130 Teilnehmern festgestellt worden.