Thüringer Allgemeine vom 23.02.2009

Vorübergehende Besetzung


19 Bewohner des besetzten Hauses hatten am Samstag ein Gebäude in der Hohenwindenstraße mit Beschlag belegt und am Abend wieder geräumt
Man habe, so ließ ein Sprecher des Besetzen Hauses bei Topf&Söhne am Samstagvormittag per Handy wissen, ein weiteres Gebäude in Erfurt besetzt. Sollte man dort geduldet werden, wolle man umziehen. In die Hohenwindenstraße 18.

ILVERSGEHOFEN. Man habe, so der Sprecher, schon länger etwas Passendes in der Stadt gesucht und sei dabei auf dieses Objekt gestoßen. "Die Besetzer halten es für geeignet und haben es deswegen genommen", so die Auskunft. Man wolle jedoch mit dem Besitzer verhandeln. Sei der aber nicht einverstanden, werde man wieder verschwinden. Auf eine Räumung wolle man es nicht ankommen lassen.

So wie angekündigt, kam es dann auch. Gegen 16.30 Uhr räumten die 19 Besetzer, deren Personalien von der in großer Mannschaftsstärke aufgefahrenen Polizei aufgenommen wurden, das ehemalige, seit 12 Jahren leer stehende Sero-Hauptgebäude wieder. Zunächst unbemerkt besetzt hatten sie es wohl schon in der Nacht zuvor. Um 9.30 Uhr riefen Anwohner an und behaupteten, dort werde illegal Müll entsorgt, so Polizeisprecher Manfred Etzel. Beim Eintreffen sei man auf die nicht unbekannten Besetzer gestoßen. Nachdem die Polizei einige Zeit brauchte, um den Eigentümer des Gebäudes, die Thüringer Recycling GmbH, ausfindig zu machen, gelang es deren Geschäftsführer Lars Kossack, mit den Besetzern zu verhandeln. Ich bekam zu Hause einen Anruf von den Leuten. Offenbar hatten die weniger Mühe, mich ausfindig zu machen, als die Polizei, so Kossack gegenüber TA. Er habe lange mit den Besetzern gesprochen und ihnen klar gemacht, dass die Aktion wenig sinnhaft sei. Schließlich gebe es in dem Bau nicht einmal sanitäre Möglichkeiten. Strom und Wasser seien nicht angeschlossen. Ich habe sogar ein gewisses Maß an Verständnis für die jungen Leute. "Aber als Eigentümer möchte ich nicht so aus der Kalten überrascht werden", monierte der Geschäftsführer des Sero-Nachfolgebetriebes. Das hätten die Besetzer letztlich auch eingesehen und nach ganz sachlicher und unaufgeregter Diskussion freiwillig den Rückzug angetreten. Das habe ihm einen Strafantrag und damit die gewaltsame Zwangsräumung zum Glück erspart, denn das sei das Letzte gewesen, was er gewollt habe, so Kossack. Er sei froh, dass das problem so vernünftig gelöst werden konnte. Irritiert habe ihn nur, dass vor dem weiträumig abgesperrten Gebäudekomplex zwei Landtagsabgeordnete der Linken (Roland Hahnemann und Susanne Hennig) unter den etwa 40 Unterstützern gewesen seien. Fraktionsmitarbeiter hatten die Sympathisanten mit Speisen und Getränken versorgt.

Als es dämmerte, war das Gebäude geräumt. Die ca. 15 Polizeifahrzeuge und die Beamten in Kampfmontur rückten ab. "Für mich ein völlig übertriebener Aufmarsch", kritisierte Gebäudeeigentümer Kossack.