Thüringer Allgemeine vom 07.03.2009

Bausewein im Würfelglück


Bausewein und Panse folgten Einladung der katholischen Stadtjugend zum Würfelspiel mit Fragestunde

Wenn Jugend und Politik zusammentreffen ist Funkstille oft vorprogrammiert. Anders vergangenen Donnerstag, als Stadtrat Michael Panse und Oberbürgermeister Andreas Bausewein der Dekanatsjugend Erfurt bei einem Würfelspiel Rede und Antwort standen.
Von Thomas SCHMELZER

ERFURT. Der kleine Raum im Pfarrhaus St. Lorenz ist gut gefüllt. Nur vereinzelt bleiben Stühle unbesetzt. Die Jugendlichen blicken gespannt nach vorne. Auf ein Kreuz, auf den Spielplan und auf die Spieler: Andreas Bausewein und Michael Panse. Neben ihnen sitzt Dominik Trost. Der Jugendseelsorger gibt den Spielleiter: Gelbes Feld heißt Bundespolitik, Grün privates, bei Blau muss eine lokalpolitische Frage beantwortet werden. Mit dem Spiel wollen wir die Hemmschwelle für die Jugendlichen möglichst klein halten, erklärt Fabian Genter. Er ist Dekanatsjugendsprecher und mitverantwortlich für den Ablauf des Abends. Im Vorfeld sei man deswegen auf die Idee mit dem Würfelspiel gekommen. Das habe sich bewährt. Vergangenes Jahr hatten sie hier Dieter Althaus zu Besuch.

Michael Panse darf zuerst würfel. Ob neben der Politik genügend Zeit für Kind und Frau bleibe, wollen die Jugendlichen wissen. Der Stadtrat und Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses muss kurz schlucken. Nein, sagt er, im politischen Alltag bliebe es einfach nicht aus, dass die Familie manchmal zu kurz käme. Jetzt Bausewein. Gute Idee. Ich bin dafür, antwortet er auf die Frage nach einer Wahlberechtigung bereits ab dem 16. Lebensjahr. Die Frage betrifft auch fast alle Anwesenden. Die meisten Jugendlichen sind zwischen 16 und 20 Jahre alt, viele werden diesen Sommer zum ersten Mal an die Urnen gebeten. Fast alle wollen von ihrem Recht Gebrauch machen. Damit bilden sie die Ausnahme. Bausewein und Panse sind sich einig: Das politische Interesse der Jugendlichen geht zurück. Panse sucht die Gründe in dem breiteren Angebot, das es heute gibt. Bausewein erinnert an die Ereignisse vor 20 Jahren, als Wahlrecht und Meinungsfreiheit hart erkämpft wurden. Lösungen sind das nicht, aber beide Politiker leisten ihren Beitrag, indem sie sich überhaupt für die Jugend Zeit nehmen. Natürlich, ein bisschen Wahlkampf ist das auch an diesem Abend, aber beide halten sich größtenteils zurück. Vieles was die Jugendlichen erfahren, ist auch nicht neu. Bausewein argumentiert gegen Studiengebühren, Panse kann einem Tempolimit nichts abgewinnen. Für Bildungsinvestitionen und Jugendarbeit sind beide. Zwischendurch verhindern die privaten Fragen, dass die Veranstaltung zum Politikum verkommt. Panse kann sich nicht an seinen letzten Kinobesuch erinnern, Bausewein muss Knöllchen wegen Falschparkerei eingestehen.

Interessant ist, was den Jugendlichen am meisten auf dem Herzen liegt. Robert Kusch betreut im Rahmen seines Freiwilligen Sozialen Jahres jeden Nachmittag mehrere Kinder im Hort des Ursulinenklosters am Anger. Deswegen interessiert mich vor allem, wie die Beiden zu verpflichtenden Ganztagsschulen stehen. Den breitesten Raum aber nehmen andere Themen ein. Das besetzte Haus etwa oder die Entführung von Bernd das Brot. Bausewein sieht mit dem Besetzten Haus alle Verhandlungsmöglichkeiten erschöpft, wenngleich er zumindest zugibt, das Thema Topf und Söhne sei erst durch die Hausbesetzer mehrheitsfähig geworden. Das gesteht auch Michael Panse ein. Dennoch: Für die Besetzung fremden Eigentums habe ich keinerlei Verständnis.

Die Partie dauert so lange wie ein Fußballspiel. Nach 90 Minuten ist Schluss. Andreas Bausewein hat nach anfänglichem Würfelpech doch noch aufgeholt und setzt seine Spielfigur aufs Ziel. Was sein größter Wunsch für das Jahr 2009 sei, hatte man ihn während des Spiels gefragt. Keine Rechten im Stadtrat. Kurze Zeit später pflichtete ihm Panse bei. Am meisten Befürchtungen habe er vor genau diesem Szenario.