Am Landgericht wurde gestern die Räumungsklage gegen die Hausbesetzer vom Topf & Söhne Gelände verhandelt. Das Urteil soll am 27. März verkündet werden.
Von Angelika HAUBNER
ERFURT. Die Verhandlung begann unter großem Polizeiaufgebot. Wer in den Gerichtssaal wollte, wurde kontrolliert und namentlich erfasst. Die Atmosphäre war aufgeladen.
"Wir hoffen, dass das auf guten Boden fällt, was heute hier zur Sprache kommt", sagte zum Auftakt der Vorsitzende Richter Heinz Schilling. Eine Stunde später, am Verhandlungsende, war davon wenig zu spüren.
Dabei war die Rechtslage von Anfang an unstrittig. Der Kläger und die Beklagten stimmten darin überein, dass die Besetzung der Industriebrache durch nichts legalisiert ist. Der Streit entzündete sich nicht am Rechtsstand, sondern an den Personen der Beklagten. Die Vertretung des Gründstückeigentümers hatte zur Durchsetzung der Räumungsverfügung 21 Personen namentlich sowie zehn anonym beklagt. Die Namensfeststellungen erfolgten durch die Polizei vorrangig beim Brand auf dem besetzten Gelände am 12. Februar und bei der Besetzung des Alternativobjekts in der Hohenwindenstraße (vom Vorsitzenden Umzug genannt) am 26. Februar. So fand sich ein Mitarbeiter eines Freien Trägers der Jugendhilfe auf der Anklagebank wieder. Der Mann schilderte, dass er an dem Abend des Brandes von den Besetzern angerufen und um Unterstützung gebeten wurde. Daraufhin sei er mit seinem Fahrrad zum Ort des Geschehens gefahren. Dort hätte die Polizei seine Personalien aufgenommen. Ein zweiter Beklagter legte dar, dass er in Erfurt eine Wohnung habe und am 26. Februar als Schaulustiger bei der Besetzung in der Hohenwindenstraße dabei war.
Offenbar soll eine einstweilige Verfügung gegen Personen erlassen werden, die wahllos herausgegriffen wurden, brachte die Anwältin der Beklagten, Kristin Pietrzyk, vor. Selbst Beisitzer Martin Borowsky musste einräumen: "Auf gut Deutsch: Hier sitzen die Falschen."
An der Rechtslage änderte das nichts. Wir haben hier einen Hausfriedensbruch, machte der Vorsitzende klar. Der Eigentümer hätte jederzeit die Polizei rufen und das Gelände räumen lassen können. Es spreche für den Investor, den gerichtlichen Weg zu gehen, so Schilling.
Die Beklagten leiteten ihren Anspruch eher aus politischen Gründen ab. Ihr Anliegen war, den Geschichtsort zurück ins Bewusstsein zu holen. Mit dem Ausbau des ehemaligen Verwaltungsgebäudes als Museum sei das Ziel erreicht. Das Gebäude werde saniert, dabei stehe das Besetzte Haus nicht im Weg.
Dass dem nicht so ist, machte Helmut Golla, Geschäftsführer der Domicil Hausbau GmbH Mühlhausen, deutlich. Sein mittelständisches Unternehmen habe auf dem Gelände bereits 1,5 Millionen Euro investiert, das sei ein halber Jahresumsatz. Seit drei Wochen ruhen die Arbeiten. Wir sind völlig überfordert mit der finanziellen Situation, schilderte Golla. Solange die Besetzung läuft, geben die Banken keinen Kredit. Zudem hätten die Besetzer die Arbeiten behindert. Wir konnten keine Vermessungsarbeiten machen, keine Altlastensanierung, so Golla. Vom künftigen Museum wurde nur das einsturzgefährdete Dach gesichert. Mehr passiert da bis zur Klärung nicht, machte der Investor deutlich.
Im Interesse des Erinnerungsortes Topf & Söhne muss eine schnelle Lösung her, zeigte Beisitzer Borowsky die Position des Gerichts auf. Eine Räumung durch die Polizei wolle man möglichst vermeiden. Das Urteil soll am 27. März verkündet werden. Bis dahin bestehe noch einmal Gelegenheit zur Vernunft, so der Vorsitzende.