Es war einmal eine Idee der „deutschen Nation“ und des
„deutschen Volkes“.
Sie entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Im 18. Jahrhundert hatte es
diese Idee noch nicht gegeben.
Die Besetzung der deutschen Kleinstaaten durch Napoleon (1806) war die
Geburtsstunde der Idee von der Naturhaftigkeit der deutschen Kultur, die
vor einem sogenannten fremden Außen verteidigt werden musste.
Napoleon und Frankreich waren die ersten und naheliegendsten Feinde der
deutschen Idee. Sie wurden abgrundtief gehasst und militärisch bekämpft,
was „den Deutschen“ als die „Befreiungskriege“ von
1813-1815 verkauft
wurde und wird.
Da die „deutsche Idee“ tatsächlich keine politischen Inhalte
besitzt,
braucht sie – mehr als andere Nationen - immer ein Feindbild, damit
wenigstens eine negative Abgrenzung stattfinden kann. Dazu gehören nicht
nur die Feinde von Außen, die militärisch besiegt werden müssen, sondern
von vornherein auch die Feinde, die das „deutsche Volk“
vermeintlich von
innen zersetzen. So wurden auch die französische Sprache und die Ideen der
französischen Revolution und Zivilisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts
zu Feinden der „deutschen Kultur“ erklärt.
„Die Deutschen“ sahen sich als Opfer der Französinnen und
Franzosen und
bekämpften sie. Diese Kriege wurden zu „heiligen
Befreiungskriegen“
hochstilisiert, denn die Idee des Deutschen wurde zu einer Art Religion,
die es zu verteidigen galt, war sie doch ebenso irrational wie eine
solche.
„Die Deutschen“ sahen sich als Opfer der Kleinstaaterei, die ein
Großdeutsches Reich, also die angeblich „naturhafte Einheit des
deutschen
Volkes“ verhinderte. Das führte wiederum zu Kriegen, nämlich zu den
sogenannten Reichseinigungskriegen, in denen die Menschen der
unterschiedlichen Kleinstaaten unter Bismark mit seiner „Blut und
Eisen“
Rhetorik mittels Militär zu EINER NATION gemacht wurden.
Das 19. Jahrhundert mit der Entstehung der deutschen Idee brachte aber
auch eine neue Art der „Judenfeindschaft“ – den
Antisemitismus - mit sich.
Nur wenige Jahre nach den sogenannten Befreiungskriegen (1819) gab es eine
neue Welle antijüdischer Gewalttaten auf deutschem Gebiet.
Vorher hatten antijüdische Progrome vor allem aus christlichen,
antijudaistischen Motivationen heraus stattgefunden. Mitte des 19.
Jahrhunderts kam erstmals die Rassentheorie auf und „die
Deutschen“
zählten sich zu der halluzinierten Herrenrasse der Arierinnen und Arier.
1879 entstand die antisemitische Bewegung, welche das Judentum zu DEM
unversöhnlichen Feind des „deutschen Volkes“ erklärte. Die
sogenannte
„Lösung der Judenfrage“, die Vernichtung aller Jüdinnen und
Juden wurde
Ende des 19. Jahrhunderts (1899) zum Ziel der antisemitischen Bewegung.
Den „jüdischen Geist“ setzten die Antisemitinnen und Antisemiten
gleich
mit allen negativen Auswirkungen der Modernisierung, vor allem mit der
Ausbeutung durch angeblich „raffendes Kapital“ , aber auch mit
Marxismus.
So wurden Jüdinnen und Juden unter anderem zu den Schuldigen für die
Wirtschaftskrise 1873 erklärt.
Die Grundlagen für den Beginn zweier Weltkriege und den Holocaust durch
„die Deutschen“ sind also schon im 19. Jahrhundert in den
deutschen
Opfermythen und den aggressiven vermeintlichen Verteidigungsakten zu
finden.
Der Hass auf und die Abwertung von Jüdinnen und Juden, Nichtdeutschen oder
angeblichen Nichtarierinnen und Nichtariern sowie deren brutale Bekämpfung
waren keine Erfindung Hitlers. Sie wurden „den Deutschen“ 1933
nicht
aufgezwungen, sondern waren im Gegenteil in der „deutschen
Ideologie“
schon vorhanden
So wird auch verständlicher, dass Hitler mit 43,9 % der Stimmen an die
Macht gewählt wurde und die meisten Menschen Hitlers Politik mit großem
Enthusiasmus mittrugen.
Wenn heute wieder über das „deutsche Los“ gejammert wird,
darüber, dass
„wir armen Deutschen“ keine sogenannte „normale
Nation“ sein dürfen, weil
wir immer wieder an „unsere Geschichte“ erinnert werden,
darüber, dass
„deutsche“ Städte bebombt wurden, darüber, dass
„wir“
Entschädigungszahlungen an die Opfer des NS zahlen sollen oder darüber,
dass so viele Nichtdeutsche „unser Land überfluten“ und
„unsere“ Gelder
verschleudern, dann ist darin auch eine Wiederbelebung des aggressiven
deutschen Opfermythos zusehen.
Dies dürfen wir nicht zulassen!
Kein Fußbreit dem deutschen Opfermythos!
Die BesetzerInnen des ehemaligen Topf & Söhne Geländes