Flyer zur Kundgebung am 11.12.2005

Im April 2001 wurde auf dem ehemaligen Topf & Söhne - Gelände in der Rudolstädterstrasse ein leerstehendes Haus besetzt. Vorausgegangen war der Besetzung ein jahrelanger Kampf um ein selbstverwaltetes Zentrum. Nach der Schließung des "Korax" wurden mehrere leerstehende Häuser besetzt und allesamt wieder von der Polizei geräumt. Einige Aktionen später kam dann auch dem Erfurter Stadtrat eine Zusicherung über die Lippen, sich um ein geeignetes Objekt zu kümmern. Hätten wir uns jedoch darauf verlassen, gäbe es bis heute kein Hausprojekt, in dem es Platz zum Wohnen und für Veranstaltungen, Konzerte und politische Treffen gibt.
Am Anfang stand das Bedürfnis nach einem selbstverwalteten Zentrum. Mit der Besetzung eines Hauses auf dem Topf & Söhne - Gelände wurde ein neuer Versuch für ein solches Projekt unternommen. Er dauert bis heute an. Menschen zogen in das Haus ein, Bauwägen rollten auf den Hof, ein erstes Selbstverständnis wurde diskutiert. In den 4 ½ Jahren ist viel passiert: Personenkreise haben gewechselt, ein Musikprojekt mit dem Namen "Exit" ist entstanden. Ausgehend von diesem Haus wird Kritik an gesellschaftlichen Zuständen wie Antisemitismus, Sexismus, Rassismus und Kapitalismus geübt. Mit Beginn der Besetzung wurde klar, dass ein Projekt auf diesem Gelände eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Firma Topf & Söhne zwingend erforderlich machen würde. Die Erfurter Firma produzierte im Nationalsozialismus die Krematoriumsöfen und Belüftungsanlagen für zahlreiche Konzentrationslager, wie Auschwitz und Buchenwald. Damit trug die Firma ganz maßgeblich dazu bei, dass der industrielle Massenmord im Nationalsozialismus erst möglich wurde. Der Täterort Topf & Söhne war der Anlass für zahlreiche Veranstaltungen und Diskussionen über die Beteiligung ganz normaler Deutscher am antisemitischen Vernichtungswahn. Das Handeln der Täter und Mitwisser in der NS-Zeit wurde durchaus von Denkformen angetrieben, die auch in der heutigen Zeit noch weit verbreitet sind: Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus gehören keineswegs der "dunklen Vergangenheit" an, ganz zu schweigen von der Bereitschaft eines Großteils der Bevölkerung sich autoritären Strukturen zu unterwerfen. Die einzig logische Konsequenz aus der Shoa wäre deshalb, diese Denkformen auch heutzutage radikal zu kritisieren und auf ihre Abschaffung zu drängen. Aktionen gegen Naziaufmärsche, Veranstaltungen über Antisemitimus, Rundgänge über das Topf & Söhne-Gelände - durch die Auseinandersetzung der BesetzerInnen und NutzerInnen mit der Geschichte der Industriebrache, bekamen besonders auch junge Leute aus der Umgebung ein Bewusstsein für die Problematik.
All das könnte jedoch schon bald zu Ende sein: Das Topf & Söhne - Gelände soll gegen Ende des Jahres an die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) verkauft werden. Noch befindet es sich in der Hand eines Notverwalters, der die Besetzung jahrelang geduldet hat. Die Pläne der LEG sehen vor, den Teil des Geländes, auf dem sich das ehemalige Verwaltungsgebäude der Firma Topf & Söhne befindet, der Stadt Erfurt weiter zu verkaufen, damit dort ein Geschichtsort eingerichtet werden kann. Die Umsetzung dieser Forderung des Förderkreises "Geschichtsort Topf & Söhne" finden wir natürlich gut, da es doch ein Zeichen dafür ist, dass die Stadt Erfurt nach jahrelanger Ignoranz beginnt, sich mit der Geschichte des Täterortes auseinanderzusetzen. Andererseits beinhaltet der Plan auch die wirtschaftliche Verwertung des restlichen Geländes, was bedeutet: Abriss der noch stehenden Gebäude und Ansiedlung von einem Wohn- und Gewerbegebiet. Dieser geplante Abriss würde natürlich auch unser Projekt betreffen. Wir glauben jedoch, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Mit einer Parzellierung des Geländes wäre einerseits der Geschichtsort Topf & Söhne und andererseits auch der Erhalt des Besetzten Hauses, Bauwagenplatz und "Exit" möglich. An die Landesentwicklungsgesellschaft gerichtet sagen wir: LEG dich nicht mit uns an!

Her mit dem Geschichtsort Topf & Söhne!
Besetztes Haus, Bauwagenplatz und "Exit" - Wir bleiben Alle!



Die BesetzerInnen des ehemaligen Topf & Söhne Geländes