Im April 2001 wurde auf dem ehemaligen Topf & Söhne - Gelände in der
Rudolstädterstrasse ein leerstehendes Haus besetzt. Vorausgegangen war der
Besetzung ein jahrelanger Kampf um ein selbstverwaltetes Zentrum. Nach der
Schließung des "Korax" wurden mehrere leerstehende Häuser besetzt und
allesamt wieder von der Polizei geräumt. Einige Aktionen später kam dann
auch dem Erfurter Stadtrat eine Zusicherung über die Lippen, sich um ein
geeignetes Objekt zu kümmern. Hätten wir uns jedoch darauf verlassen, gäbe
es bis heute kein Hausprojekt, in dem es Platz zum Wohnen und für
Veranstaltungen, Konzerte und politische Treffen gibt.
Am Anfang stand das Bedürfnis nach einem selbstverwalteten Zentrum. Mit der
Besetzung eines Hauses auf dem Topf & Söhne - Gelände wurde ein neuer
Versuch für ein solches Projekt unternommen. Er dauert bis heute an.
Menschen zogen in das Haus ein, Bauwägen rollten auf den Hof, ein erstes
Selbstverständnis wurde diskutiert. In den 4 ½ Jahren ist viel passiert:
Personenkreise haben gewechselt, ein Musikprojekt mit dem Namen "Exit" ist
entstanden. Ausgehend von diesem Haus wird Kritik an gesellschaftlichen
Zuständen wie Antisemitismus, Sexismus, Rassismus und Kapitalismus geübt.
Mit Beginn der Besetzung wurde klar, dass ein Projekt auf diesem Gelände
eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Firma Topf & Söhne zwingend
erforderlich machen würde. Die Erfurter Firma produzierte im
Nationalsozialismus die Krematoriumsöfen und Belüftungsanlagen für
zahlreiche Konzentrationslager, wie Auschwitz und Buchenwald. Damit trug die
Firma ganz maßgeblich dazu bei, dass der industrielle Massenmord im
Nationalsozialismus erst möglich wurde. Der Täterort Topf & Söhne war der
Anlass für zahlreiche Veranstaltungen und Diskussionen über die Beteiligung
ganz normaler Deutscher am antisemitischen Vernichtungswahn. Das Handeln der
Täter und Mitwisser in der NS-Zeit wurde durchaus von Denkformen
angetrieben, die auch in der heutigen Zeit noch weit verbreitet sind:
Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus gehören keineswegs der
"dunklen Vergangenheit" an, ganz zu schweigen von der Bereitschaft eines
Großteils der Bevölkerung sich autoritären Strukturen zu unterwerfen. Die
einzig logische Konsequenz aus der Shoa wäre deshalb, diese Denkformen auch
heutzutage radikal zu kritisieren und auf ihre Abschaffung zu drängen.
Aktionen gegen Naziaufmärsche, Veranstaltungen über Antisemitimus, Rundgänge
über das Topf & Söhne-Gelände - durch die Auseinandersetzung der
BesetzerInnen und NutzerInnen mit der Geschichte der Industriebrache,
bekamen besonders auch junge Leute aus der Umgebung ein Bewusstsein für die
Problematik.
All das könnte jedoch schon bald zu Ende sein: Das Topf & Söhne - Gelände
soll gegen Ende des Jahres an die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen
(LEG) verkauft werden. Noch befindet es sich in der Hand eines
Notverwalters, der die Besetzung jahrelang geduldet hat. Die Pläne der LEG
sehen vor, den Teil des Geländes, auf dem sich das ehemalige
Verwaltungsgebäude der Firma Topf & Söhne befindet, der Stadt Erfurt weiter
zu verkaufen, damit dort ein Geschichtsort eingerichtet werden kann. Die
Umsetzung dieser Forderung des Förderkreises "Geschichtsort Topf & Söhne"
finden wir natürlich gut, da es doch ein Zeichen dafür ist, dass die Stadt
Erfurt nach jahrelanger Ignoranz beginnt, sich mit der Geschichte des
Täterortes auseinanderzusetzen. Andererseits beinhaltet der Plan auch die
wirtschaftliche Verwertung des restlichen Geländes, was bedeutet: Abriss der
noch stehenden Gebäude und Ansiedlung von einem Wohn- und Gewerbegebiet.
Dieser geplante Abriss würde natürlich auch unser Projekt betreffen. Wir
glauben jedoch, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Mit einer
Parzellierung des Geländes wäre einerseits der Geschichtsort Topf & Söhne
und andererseits auch der Erhalt des Besetzten Hauses, Bauwagenplatz und
"Exit" möglich. An die Landesentwicklungsgesellschaft gerichtet sagen wir:
LEG dich nicht mit uns an!
Her mit dem Geschichtsort Topf & Söhne!
Besetztes Haus, Bauwagenplatz und "Exit" - Wir bleiben Alle!
Die BesetzerInnen des ehemaligen Topf & Söhne Geländes