Redebeitrag zur Demonstration am 16.4.2009

Am heutigen Morgen des 16.4.2009 wurde das besetzte Haus in Erfurt geräumt. Die Räumung begann gegen sechs Uhr relativ überraschend mit dem Abseilen von Einsatzkräften auf Dächer des besetzten Geländes. Gleichzeitig wurde sich mit einem Räumpanzer und Abrissbaggern Zugang zum hinteren Teil des besetzten Geländes verschafft. Die Räumung wurde vom SEK unter Einsatz von Tränengas durchgeführt. In der obersten Etage des besetzten Hauses konnten jedoch einige Personen, die an einen Betonklotz angekettet waren, die Räumung für einige Zeit behindern. Gegen Halb Zehn waren dann endgültig alle Personen auf dem besetzten Gelände geräumt.
Das besetzte Haus war eines der letzten Projekte dieser Art in der Region und konnte unter anderem auch deswegen auf eine große und vielfältige Unterstützer_innenszene zurückgreifen. Nach der Räumung wurden auch schon aus Städten wie Leipzig, Berlin, Göttingen und Freiburg Unterstützungsaktionen angekündigt.Die Räumung des besetzten Hauses wird also nicht tatenlos hingenommen werden.
Sicherlich werden nach der Räumung sofort alle Gebäude des besetzten Teils zerstört. In den Vormonaten wurden schon alle anderen geschichtlich wertvollen Gebäude abgerissen. Nur das ehemalige Verwaltungsgebäude der Firma Topf & Söhne wird als Geschichtsort erhalten.

Das besetzte Haus Erfurt war ein seit acht Jahren bestehendes sozial-politisch-kulturelles Zentrum. Auf dem Areal der ehemaligen Krematorienbauer von Auschwitz wurde sich aktiv mit der Geschichte der Firma Topf & Söhne auseinandergesetzt. Es fanden regelmäßig Vorträge, Kundgebungen und Infoveranstaltungen zu geschichtspolitischen Themen statt. Darüber hinaus mischte sich das Projekt aktiv mit gesellschaftskritischer Intention in öffentliche Auseinandersetzungen ein und engagierte sich gegen strukturelle Mißstände, wie Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und Kapitalismus. Auch zeigte das besetzte Haus immer wieder sein Engagement und beteiligte sich an Aktionen gegen Neonazis und deren faschistische Umtriebe.
Nicht zuletzt befand sich auf dem Projekt Wohnraum, ein Wagenplatz, eine Lesecafe und ein Umsonstladen. Regelmäßig fanden Parties und Konzerte statt, die von vielen Menschen besucht wurden.
Da es trotz längerer Suche kein Alternativobjekt gibt, wird eine Lücke entstehen. Dennoch wird die Forderung nach einem selbstverwalteten Projekt durch diese Räumung nicht verschwinden. Wir werden auch weiterhin für selbstverwaltete Räume in Erfurt kämpfen! Dass wir dabei keine Unterstützung von der Stadt erwarten können.ist nun erst recht offensichtlich geworden.

Um so wichtiger ist jedoch für uns die Unterstützung unserer Sympathisant_innen, die sich Vielerorts mit uns solidarisieren. Und auch wir kämpfen zusammen mit euch für den Erhalt von selbstverwalteten Zentren ob in Erfurt, Münster, Köln, Potsdam, Berlin, Poznan oder sonstwo. Wir nehmen den Abriss unseres Projekts nicht tatenlos hin! Wir kämpfen weiterhin für für selbstverwaltete Räume in Erfurt und anderswo!


Die Besetzer_innen eines Teils des ehemaligen Topf & Söhne Geländes