Flugblatt gegen die rassistische Ausstellung "African Wildlife" auf der ega

"African Wildlife" und des "Buschmanns Hab und Gut"


Auf der "Erfurter Gartenausstellung" - ega - wird nun seit dem 23.04.2005 Interessierten eine Ausstellung angeboten, die "de[n] nahezu unerschöpfliche[n] Artenreichtum der afrikanischen Tierwelt" [1] zum Thema hat. Unter ""African Wildlife" - Afrikas Tierleben" werden bis zum 14.08.2005 neben exotischen Tieren wie Antilopen, Zebras und Nashörnern auch MENSCHEN dargestellt.

Exotik

Auf den Schautafeln über die San, wie die "Buschleute" sich selbst bezeichnen, werden sie als Exoten gleich Nashörnern oder Elefanten hingestellt, die in ihrem Lebensraum vom Aussterben bedroht sind. Aber was soll mit dem Bild des "Exoten", also dem Hervorheben des "Fremden" transportiert werden? Woran wird das Exotische festgemacht? An ihrem Körperbau? Und in welcher Tradition steht ein solcher Blickwinkel auf BewohnerInnen Afrikas? Dies soll hier näher erläutert werden.

Kolonialismus und die "Völkerschauen" des 19.Jh.

Ende des 19.Jh kam es vor allem innerhalb der Kolonialmächte zu sogenannten "Völkerschauen". Diese fanden in Zoos oder Zirkussen, aber auch, bis heute, auf dem Oktoberfest in München statt. Diese "Völkerschauen" stellten Menschen anderer Länder als Ausstellungsstücke dar, degradierte sie so zu Objekten und zog sie dabei zur Untermalung rassistischer und kolonialistischer Stereotypen heran. Eine eigenständige Artikulation der Betroffen Individuen war weder erwünscht noch wurde sie aus imperialistischer Arroganz heraus überhaupt in Betracht gezogen. Das "Fremde" wurde als Bedrohung inszeniert, jedoch in einem sicheren Rahmen.

In dieser Tradition der Völkerschauen bewegen sich solche Ausstellungen wie im Augsburger Zoo oder eben der ega. Dabei geht es hier in der Ausstellung "African-Wildlife" in der ega bezeichnenderweise um BewohnerInnen einer ehemaligen Kolonie Deutschlands, nämlich Namibia, wo Deutschland schwerste Kolonialverbrechen begangen hat. Zwar wird hier nicht mehr mit Bedrohungszenarien hantiert, jedoch die "Zurückgebliebenheit" und die "Fremdartigkeit" dieser Menschen zur Schau gestellt. Zur Untermalung des "Fremdartigen" wird hier der Begriff der "Rasse" im zoologischen Sinne bemüht.

"Ich kenne genug Stämme in Afrika. Sie gleichen sich alle in dem Gedankengang, dass sie nur der Gewalt weichen. - ... - Ich vernicht die aufständischen Stämme mit Strömen von Blut und Strömen von Geld. ..." (Zitat Generalleutnant von Trota, deutscher Oberbefehlshaber in Deutsch-Südwest)

Auf der Schautafel "Geschichte Namibias" wird der Aufstand der Herero lapidar folgendermaßen kommentiert:"... verlustreiche Aufstände, besonders die Schlacht am Warterberg..." Dabei war die Niederschlagung des Herero-Aufstandes eines der größten Kolonialverbrechen Deutschlands, mit zigtausend Toten Hereros die erschossen, erschlagen wurden oder in der Wüste dem Tod durch Verdursten preisgegeben wurden, oder in Konzentrationslagern elendiglich zugrunde gingen [2]. Mit dem Wort "verlustreich" wird kolonialer Massenmord kaschiert.

Die "Rasse" der San

"Buschleute unterscheiden sich deutlich von anderen südafrikanischen Rassen. Sie sind klein, leicht, muskulös und sehnig. Weitere typische Merkmale sind der goldene Farbton der Haut, die hohen Backenknochen und die schrägstehenden Augen." Zitat von einer Schautafel der Ausstellung "African-Wildlife" in der ega

Was an eine Beschreibung aus "Brehms Tierleben" (ein Klassiker der Zoologie) erinnert, wird hier als Merkmal für eine Menschengruppe ("Rasse") verwendet. Abgesehen davon, dass der Begriff der "Rasse" innerhalb der Menschheit wissenschaftlich nicht haltbar ist, sind hier die "rassischen Merkmale" rein zoologischer Art. Dies ist vor allem im Kontext der deutschen Geschichte besonders widerlich, da es eine Ära gab, in der der Begriff "Rasse" rein biologistisch an Körpermerkmalen festgemacht wurde. So sollte das Vermessen von Körperteilen z.B. von Schädeln, "Andersartigkeit" meist auch "Minderwertigkeit" dokumentieren. Diese Ära war die des Natioanalsozialismus. Die DNA des Menschen ist mit mehr als 99% bei allen Individuen deckungsgleich. Nur ein Bruchteil dieser DNA macht sichtbare körperliche Merkmale aus. Die Eigenschaften der San werden auf rein sichtbare körperliche Merkmale reduziert.

Derartige Beschreibungen von Menschengruppen im Rahmen einer Ausstellung mit dem Titel "African-Wildlife - Afrikas Tierwelt" sind schlichtweg als rassistisch zu bezeichnen. Die MacherInnen solcher Ausstellungen bewegen sich im Kontext kolonialistischer Sichtweisen auf Afrika und AfrikanerInnen, welche zu Schauobjekten degradiert werden. Der biologistische Rassebegriff, der hier bemüht wird, weckt Assoziationen zum Rassebegriff des Nationalsozialismus, ob von den MacherInnen der Ausstellung gewollt oder ungewollt.

Niemand würde bei der Beschreibung der Tierwelt Thüringens auf die Idee kommen, einen typischen "Thüringer-Wald-Bewohner" mit üblichen Merkmalen seiner "Rasse" wie Bierbauch und Plattfüße zur Schau zu stellen. Das wäre ja auch menschenverachtend.


[1] siehe http://www.ega-erfurt.info/deutsch/frameset.html
[2] Konzentrationslager sind tatsächlich eine koloniale Erfindung, hatten jedoch noch nicht den Organisierungsgrad der KZ`s und Vernichtungslager der Nazis


Die BesetzerInnen des ehemaligen Topf & Söhne Geländes
Gruppe P 83