Die Besetzer/innen des Topf und Söhne Geländes kommen aus verschiedenen linken Gruppen. Gemeinsam ist der Kampf gegen bestehende Unterdrückungsverhältnisse, wie Rassismus, Patriarchat, Kapitalismus, Nationalismus oder Antisemitismus. Das Haus ist für uns Ausgangspunkt für unsere politische Arbeit zugleich aber auch ein Rückzugsort, in dem wir versuchen gemeinsam solidarisch miteinander zu leben.
Ein Teil des Topf und Söhne Geländes wurde im April diesen Jahres von linken Gruppen besetzt. Hier entsteht ein politisches/soziales/kulturelles Zentrum, dass es seit der Schließung des Korax 1998 in Erfurt nicht mehr gab.
Mit unserer Besetzung wollen wir auch das Anliegen des Topf und Söhne Förderkreises unterstützen, der seit Jahren darum kämpft, die Täter/innenschaft der Firma Topf und ihrer Angestellten zu thematisieren. Topf und Söhne stellte öfen für
Konzentrationslager her (u.a. für Auschwitz und Bergen-Belsen).
Die Vorgeschichte
Anfang 1998 wurde das Korax geschlossen. Seitdem gab es 4 Besetzungen, die letzte Sommer 1999. Diese wurde nach 4 Tagen geräumt. Anschließend kam es zu Verhandlungen mit Jugendamt und Stadt, die der Allerlei e.V. führte. Im November 99 forderte der Jugendhilfeausschuss den Oberbürger/innen/meister M. Ruge auf, ein geeignetes Objekt für ein selbstverwaltetes Jugendzentrum zu suchen. Die Angebote, die dem Verein gemacht wurden, waren alle untragbar. Der miserable bauliche Zustand lies in mehreren Fällen eine Nutzung nicht zu.
Der Jugendhilfeausschuss machte den Beschluss im Mai 01 rückgängig, u.a. wegen angeblicher Kompromisslosigkeit des Allerlei e.V.
Die Besetzung
Das Topf und Söhne Gelände wurde am 12.4.01 besetzt. Dass wir bis jetzt nicht geräumt wurden, verdanken wir den "unglücklichen" Eigentumsverhältnissen. Es gehört einer pleite-gegangenen und hochverschuldeten Firma (EMS) und wird von einem, vom Amtsgericht eingesetzten Notgeschäftsführer verwaltet. Dessen Aufgabe ist es, das Gelände zu verkaufen. Nach wenigen Tagen tauchte die Polizei bei ihm auf, mit der Forderung einen Räumungsbefehl zu unterschreiben. Dies tat er nicht, da er keinerlei Mittel besitzt das Gelände abzusichern; es also gleich nach der Räumung wieder besetzt werden kann.
Die Stadtverwaltung
Die Stadtverwaltung steht der Besetzung ablehnend gegenüber. Ihre Versuche, eine Räumung zu erwirken, scheiterten bis jetzt. Nachdem der Notgeschäftsführer den Räumungsbefehl nicht unterschrieb, tauchten im Haus Feuerwehr, Ordnungs- und Umweltamt (meist begleitet durch die Polizei) auf, die wiederum nach Gründen für eine Räumung suchten. Die Feuerwehr wollte das Haus brandschutztechnisch überprüfen, lehnte aber das Angebot der Besetzer/innen ab, das Haus ohne Polizei zu begehen, um zu überlegen, was aus brandschutztechnischer Sicht verbessert werden könnte.
Das Ordnungsamt bemängelte, dass in dem Haus öffentliche Veranstaltungen stattfinden, ohne dass alle Bedingungen dafür erfüllt seien und drohte damit, weitere Veranstaltungen zu unterbinden. Durch Vorkontrollen und Absicherung aller Eingänge zum Gelände versuchte die Polizei am 19. Mai 01 ein Konzert zu verhindern.
Ein politisches/soziales/kulturelles Zentrum entsteht aber nur dann, wenn öffentliche Veranstaltungen (Lesungen, Vorträge, Konzerte) stattfinden können.
Das Umweltamt sorgte sich wegen der eventuellen Bodenbelastung, die unseres Wissens nach in den sechs Jahren zuvor, in denen es leer stand und häufig von Leuten begangen wurde, nicht interessierte.
Stimmungsmache bei den Anwohner/innen
Parallel zu den Aktivitäten der ämter, besuchte die Polizei auch Anwohner/innen, um sie vor den Besetzer/innen zu warnen, bzw. davor sie zu besuchen. Wir wissen nicht wie erfolgreich die Kampagne war. Einige Anwohner/innen haben sich davon zumindest nicht abschrecken lassen und besuchen uns trotzdem.
Eine Spur der Verwüstung ...
Laut Aussage des Oberbürger/innen/meisters Ruge hinterlassen Hausbesetzer/innen eine Spur der Verwüstung in Erfurt. Im Stadtbild der Landeshauptstadt (und nicht nur in der) haben aber Widersprüche nichts zu suchen. Erfurt soll eine schöne Stadt sein, in der schöne Menschen schön einkaufen können. So stören nicht nur Hausbesetzer/innen sondern auch Obdachlose, Prostituierte, Punker, Bettler/innen das Bild der Stadt. Deutlich wurde dies in der letzten Zeit beispielsweise durch die Initiative der Interessengemeinschaft Magdeburger Allee, die sich gegen eine von ihnen festgestellte Verslumung des Erfurter Nordens engagierte.
Diese Verslumung des Nordens entstünde durch die Existenz sozialer Vereine und Gruppen, Obdachloser, Prostituierter, Ausländer/innen. Auch die Punker auf der Schlosserbrücke stören, sie rauben den Menschen die Lust am Einkaufen: Deswegen hagelte es Platzverweise und Hausverbote.
Kapitalismus bedeutet Konkurrenz bedeutet Ausgrenzung
Es scheint niemanden zu interessieren, dass Armut und Verelendung die eine Seite, Glanz und Glamour die andere der gleichen Medaille sind: Kapitalismus. Eine Leistungsgesellschaft setzt Menschen in Konkurrenz zueinander. Da, wo einige gewinnen - also verdienen, verlieren andere. Die Verlierer/innen werden aber ausgegrenzt und als individuelle Verlierer/innen betrachtet, nicht als Resultat einer Konkurrenzgesellschaft.
Kritik am Kapitalismus soll aber nicht aufkommen: Also darf auch nicht gesehen werden, was nicht sein darf. So gehören Menschen, die nicht mithalten konnten ebenso wenig ins Stadtbild wie Menschen, die bewusst ausgestiegen sind und versuchen Alternativen zu entwickeln.
Das selbstverwaltete Zentrum begreifen wir als einen Ort, an dem Alternativen zur herrschenden Gesellschaftsordnung gefordert und gelebt werden können. Wir versuchen untereinander einen solidarischen Umgang zu finden und Unterdrückung (Rassismus, Sexismus, Kapitalismus...) bzw. Hierarchien immer wieder zu thematisieren. Wir wollen uns jedoch nicht in unserem Zentrum zurückziehen, sondern gesellschaftliche Missstände auch weiterhin kritisieren. Hausbesetzung betrachten wir nicht nur als Mittel zum Zweck sondern als praktische Infragestellung von Eigentum.