Aufruf zum Verhindern des Naziaufmarschs am 18.10.2003 in Erfurt


Kein Naziaufmarsch am 18.10. in Erfurt!



Für den 18.10.2003 hat das "Bündniss für Thüringen" eine Demonstration in Erfurt angemeldet. Das Motto der Demonstration ist "Volk steh auf! Gegen Sozialabbau, Massenarbeitslosigkeit und Kriegsbeteiligung! Für soziale Gerechtigkeit und Frieden!". Die Demonstration beginnt am Hauptbahnhof Erfurt um 12.00 Uhr und soll zum Domplatz führen. Anmelder der Demonstration ist Christian Bärthel (stellvertr. Landesvors. u. Pressespr. Der Deutschen Partei Thüringen).
Als Redner werden neben ihm Gerd Ittner (Freier Nationaler Widerstand, Nürnberg), Ralf Wohlleben (Landesvorstand NPD Thüringen) und Christian Worch (Freier Nationaler Widerstand, Hamburg) angekündigt. Die Demonstration wird hauptsächlich von dem vor kurzem gegründeten Landesverband Thüringen der Deutschen Partei organisiert. Die Deutsche Partei setzt sich aus Leuten zusammen, die schon in CDU, FDP BfB und dem NSAW aktiv waren. Die Partei dient als Bindeglied zwischen konservativen und faschistischen Gruppierungen und Parteien. In diesem Kontext ist auch das populistische Motto der Demonstration zu betrachten.

Was die Forderung "Gegen Sozialabbau" und "Für soziale Gerechtigkeit" für die organisierende "Deutsche Partei" bedeutet, ist auf der Homepage des Bundesverbandes nachzulesen. Sie unterscheidet sich nur in wenigen Punkten von der momentanen Liberalisierungslinie der etablierten Parteien. Hier ein paar Beispiele:
- "Stärkung der Eigenverantwortung und Selbsthilfe haben Vorrang vor kollektiver bzw. staatlicher Vorsorge (sozial statt sozialistisch). Wir wollen keine ideologisch motivierten Verteilungskämpfe und keine großen bürokratischen Umverteilungsapparate. "
- " "Wirtschaft und Politik sind Partner. Sie stehen gemeinsam in der Verantwortung." - " "Nur eine auf Zukunft gerichtete und abgestimmte wirtschaftsfreundliche Politik ermöglicht wirtschaftliche Effizienz dauerhaft und kann damit soziale Wohlfahrt, demokratische Stabilität und persönliche Entfaltung des einzelnen sichern."
Ein Punkt, der in solcher Schärfe von den regierenden Parteien nicht vertreten wird, ist die rassistische Komponente der "Einsparungsvorschläge":
- "Würden die Soziallasten für abgelehnte Asylbetrüger gestrichen, könnten mindestens 35 Mrd DM (Stand 1999) eingespart werden, neben den durch Abschiebung verminderten Belastungen der Volkswirtschaft durch die Organisierte Kriminalität in geschätzter Höhe von 10 bis 30 Mrd pro Jahr, die allerdings nicht ausschließlich auf abgelehnte Asylbewerber zurückzuführen sind."
Was diese Positionen mit dem Motto zu tun haben, bleibt restlos ungeklärt. Dagegen vertritt die NPD einen nationalsozialistischen Ansatz (der "Freie Widerstand" hat aufgrund seines Charakters kein gemeinsames Selbstverständnis):
- "Aus sozialer Gerechtigkeit wächst die nationale Volksgemeinschaft. Sozialpolitik bedeutet die Solidarität des Volkes mit seinen Angehörigen. Sie muß die Geborgenheit des Einzelnen in der Gemeinschaft sichern."
- "Nationaldemokratische Sozialpolitik fühlt sich auch den sozial Schwachen unseres Volkes verpflichtet. Ausländer sind aus dem deutschen Sozialversicherungswesen auszugliedern. Asylanten dürfen keinen einklagbaren Anspruch auf deutsche Sozialleistungen besitzen."
- "Wir Nationaldemokraten setzen uns mit Entschiedenheit für eine neue Gemeinschaftsordnung ein, die in nationaler Solidarität vorhandene Gruppenegoismen überwindet und zu sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit führt."
Welcher jetzt noch nicht schlecht ist, die kann sich auch noch durchlesen, was auf der homepage der NPD zum Thema "Frieden" steht:
- "Wehrdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk.
- "Die tapfere Haltung deutscher Soldaten aller Zeiten muß Vorbild der Bundeswehr sein. Der Soldat soll wissen, für welche Werte er sich einsetzt und daß ihm niemand zumutet, als Söldner fremden Interessen zu dienen."
- "Der Oberbefehl über deutsche Soldaten muß in deutscher Hand liegen."
- "Nationale Sicherheitspolitik muß auf eine nationale Wehrpolitik ausgerichtet sein. Sie hat dem Ziel zu dienen, den Frieden in Europa zu erhalten. Europäische Sicherheitspolitik vertritt die Interessen Europas in der Welt und stellt den inneren Frieden Europas unter Anwendung des Völkerrechts sicher."
"Frieden schaffen" also mit deutschen Waffen, unter deutscher Führung und in der Tradition der Wehrmacht!
Die Deutsche Partei schreibt zu diesem Thema:
- "Der Schutz des Bürgers, die Sicherung der freiheitlich demokratischen Ordnung vor inneren und äußeren Angriffen sind Pflichtaufgabe des Staates. Der Schutz vor Terrorismus, der Schutz von Freiheit, Leben und Eigentum sind Ansprüche des Bürgers. Die Bundeswehr als Garant dieses Anspruchs ist vor Diffamierung und Beeinträchtigung ihrer Funktion glaubwürdig zu schützen."
Auch hier also keine großen Abweichungen vom Regierungskurs. Obwohl zu hoffen bleibt, dass das Ziel der sich an die Mitte anbiedernden "Deutchen Partei" - eine gemeinsame Organisierung des gesammten rechten Spektrums - unter diesen unterschiedlichen Voraussetzungen fehlschlägt, ist ein solcher Versuch entschieden zu bekämpfen, damit eine Stärkung der rechten Strukturen von vornherein verhindert wird!

Abgesehen von den eben beschriebenen Widersprüchen und nationalsozialistischen Hintergründen des Mottos, kritisieren wir die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und Frieden aber auch aus dem radikalen Ansatz unserer Politik heraus. Wichtig ist uns dabei eine Kritik, die an den Wurzeln ansetzt und nicht bei einer Reform der kapitalistischen Verhältnisse stehen bleibt. Kapitalismus ist eine Gesellschaftsform, in der Menschen nach dem Wert, den sie mit ihrer Arbeitskraft erwirtschaften, eingestuft werden. Ähnlich wie Dinge werden sie damit zu Waren, die aufgrund ihres Wertes eingestuft werden. Diesen Wert beziehen die Waren aus der zu Herstellung benötigten Arbeitskraft. Ziel der Produktion im Kapitalismus ist jedoch nicht die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen sondern die Erzeugung von Mehrwert.
Zur Sicherung der Lebensgrundlage sind Menschen im Kapitalismus gezwungen ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Dabei tritt jede Person in Konkurrenz mit den anderen Arbeitenden um so viel wie möglich Lohn zu erhalten und sich ihnen gegenüber durchzusetzen. Der Zwang die eigene Arbeitskraft zu verkaufen, wird von den meisten Menschen im Kapitalismus so sehr verinnerlicht, dass daraus eine Art Mythos entsteht, bei dem Arbeit zum reinen Selbstzweck wird. Die konkrete Tätigkeit und ihre scheinbare Sinnhaftigkeit - die im Kapitalismus sowieso nur durch die Erzeugung von Mehrwert entsteht - spielt dabei eine untergeordnete Rolle - Hauptsache Arbeit. Besonders deutlich wird dies bei der vollständigen Sinnfreiheit (auch hinsichtlich einer Mehrwerterzeugung) der Tätigkeiten mancher ABM-Kräfte und UmschülerInnen.
Auch die scheinbare Gegenseite - die UnternehmerInnen - unterliegt den Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus. Um die hergestellten Warten verkaufen zu können und den größtmöglichen Gewinn aus dem Verkauf ziehen zu können, müssen die Kosten für die Produktion so niedrig wie möglich gehalten werden. Dazu zählen Steuern genauso wie Kosten für die Umweltverträglichkeit der Produktion und soziale Abgaben für die Beschäftigten oder die Anzahl und der Lohn der Angestellten. Da die Gewinne aus dem Verkauf der Produkte die Lebensgrundlage der Unternehmerin darstellen ist auch sie gezwungen mit den anderen UnternehmerInnen in Konkurrenz zu treten um ihre Bedürfnisse mehr oder weniger befriedigen zu können.
In den meisten Staaten gibt es Gesetze, die einen Ausgleich zwischen den teilweise entgegengesetzten Interessen der UnternehmerInnen und der Beschäftigten schaffen sollen. Eine zumindest teilweise Zufriedenheit großer Teile der Bevölkerung ist eine Vorausetzung für den Weiterbestand des derzeitigen Gesellschaftssystems. In Deutschland existieren beispielsweise Regelungen zum Kündigungsschutz, zur teilweisen Bezahlung der Krankenversicherung der Beschäftigten durch die UnternehmerInnen und zur Zahlung von Arbeitslosengeld. Viele dieser Regelungen entstanden innerhalb von Kämpfen der Beschäftigten, in denen sie eine Stärkung ihrer Rechte einforderten. Obwohl diese Regelungen die Lebenssitation vieler Menschen, vor allem in den reicheren Staaten, entscheidend verbessern, können die Probleme die der Kapitalismus schafft, damit nicht beseitigt werden. Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau sind, genau wie das Phänomen des Arbeitsmythos und die Notwendigkeit von Sozialleistungen, Produkte des Kapitalismus. Die Forderung nach mehr Arbeit ist keine emanzipatorische Forderung! Statt dessen sollte die Schaffung einer Gesellschaft, in der die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund steht, angestrebt werden.
Auch bei der Forderung nach dem Erhalt der bestehenden Sozialleistungen ist die Ursache der Notwendigkeit dieser Leistungen mitzudenken. Der alleinige Kampf um den Weiterbestand der bisherigen Regelungen, ohne die Forderung nach einer Beseitigung des Kapitalismus läuft Gefahr, ausschließlich der Erhaltung des sozialen Friedens zu dienen.

Kapitalismus abschaffen!
Faschismus bekämpfen!
Kein Friede mit Deutschland!
Den Naziaufmarsch am 18.10. verhindern!

Die BesetzerInnen des ehemaligen Topf & Söhne Geländes